Egal welche Forderungen an Ethik oder Gebot der Mensch stellt, er wird immer wieder versagen.
Kurt, was ist ein Versager? Versage ich vor Gott oder vor mir selbst? Versage ich weil ich nicht so lebe und so leben kann wie es mir ein Gott vorschreibt? Versage ich weil ich nicht nach den gegebenen Normen und Vorschriften anderer lebe, nach deren Gesetze, Ethik und Gebote?
Für uns ist das Leben rings um uns begrenzt durch alle möglichen Beschränkungen, Lebensregeln und Ängste!!
Max Stirner: Was soll nicht alles Meine Sache sein! Vor allem die gute Sache, dann die Sache Gottes, die
Sache der Menschheit, der Wahrheit, der Freiheit, der Humanität, der Gerechtigkeit; ferner die Sache
Meines Volkes, Meines Fürsten, Meines Vaterlandes; endlich gar die Sache des Geistes und tausend
andere Sachen. Nur Meine Sache soll niemals Meine Sache sein. »Pfui über den Egoisten, der nur an sich
denkt!«
Sehen Wir denn zu, wie diejenigen es mit ihrer Sache machen, für deren Sache Wir arbeiten, Uns hingeben
und begeistern sollen.
Ihr wisst von Gott viel Gründliches zu verkünden und habt Jahrtausende lang »die Tiefen der Gottheit
erforscht« und ihr ins Herz geschaut, so dass Ihr Uns wohl sagen könnt, wie Gott die »Sache Gottes«, der
Wir zu dienen berufen sind, selber betreibt. Und Ihr verhehlt es auch nicht, das Treiben des Herrn. Was ist
nun seine Sache? Hat er, wie es Uns zugemutet wird, eine fremde Sache, hat er die Sache der Wahrheit,
der Liebe zur seinigen gemacht? Euch empört dies Missverständnis und Ihr belehrt Uns, dass Gottes Sache
allerdings die Sache der Wahrheit und Liebe sei, dass aber diese Sache keine ihm fremde genannt werden
könne, weil Gott ja selbst die Wahrheit und Liebe sei; Euch empört die Annahme, dass Gott Uns armen
Würmern gleichen könnte, indem er eine fremde Sache als eigene beförderte. »Gott sollte der Sache der
Wahrheit sich annehmen, wenn er nicht selbst die Wahrheit wäre«? Er sorgt nur für seine Sache, aber weil
er Alles in Allem ist, darum ist auch alles seine Sache! Wir aber, Wir sind nicht Alles in Allem, und unsere
Sache ist gar klein und verächtlich; darum müssen Wir einer »höheren Sache dienen«. — Nun, es ist klar,
Gott bekümmert sich nur um`s Seine, beschäftigt sich nur mit sich, denkt nur an sich und hat nur sich im
Auge; wehe Allem, was ihm nicht wohlgefällig ist. Er dient keinem Höheren und befriedigt nur sich. Seine
Sache ist eine — rein egoistische Sache.
Wie steht es mit der Menschheit, deren Sache Wir zur unsrigen machen sollen? Ist ihre Sache etwa die
eines Andern und dient die Menschheit einer höheren Sache? Nein, die Menschheit sieht nur auf sich, die
Menschheit will nur die Menschheit fördern, die Menschheit ist sich selber ihre Sache. Damit sie sich
entwickle, lässt sie Völker und Individuen in ihrem Dienste sich abquälen, und wenn diese geleistet haben,
was die Menschheit braucht, dann werden sie von ihr aus Dankbarkeit auf den Mist der Geschichte
geworfen. Ist die Sache der Menschheit nicht eine — rein egoistische Sache?
Ich brauche gar nicht an jedem, der seine Sache Uns zuschieben möchte, zu zeigen, dass es ihm nur um
sich, nicht um Uns, nur um sein Wohl, nicht um das Unsere zu tun ist. Seht Euch die Übrigen nur an.
Begehrt die Wahrheit, die Freiheit, die Humanität, die Gerechtigkeit etwas anderes, als dass Ihr Euch
enthusiasmiert und ihnen dient?
Sie stehen sich alle ausnehmend gut dabei, wenn ihnen pflichteifrigst gehuldigt wird. Betrachtet einmal das
Volk, das von ergebenen Patrioten geschützt wird. Die Patrioten fallen im blutigen Kampfe oder im
Kampfe mit Hunger und Not; was fragt das Volk darnach? Das Volk wird durch den Dünger ihrer Leichen
ein »blühendes Volk«! Die Individuen sind »für die große Sache des Volks« gestorben, und das Volk
schickt ihnen einige Worte des Dankes nach und —hat den Profit davon. Das nenn‘ Ich Mir einen
einträglichen Egoismus.
Aber seht doch jenen Sultan an, der für »die Seinen« so liebreich sorgt. Ist er nicht die pure
Uneigennützigkeit selber und opfert er sich nicht stündlich für die Seinen? Ja wohl, für »die Seinen«.
Versuch‘ es einmal und zeige Dich nicht als der Seine, sondern als der Deine: Du wirst dafür, dass Du
seinem Egoismus Dich entzogst, in den Kerker wandern. Der Sultan hat seine Sache auf Nichts, als auf sich
gestellt: er ist sich Alles in Allem, ist sich der einzige und duldet keinen, der es wagte, nicht einer der
»Seinen« zu sein.
Und an diesen glänzenden Beispielen wollt Ihr nicht lernen, dass der Egoist am besten fährt? Ich Meinesteils
nehme Mir eine Lehre daran und will, statt jenen großen Egoisten ferner uneigennützig zu dienen, lieber
selber der Egoist sein.
Gott und die Menschheit haben ihre Sache auf Nichts gestellt, auf nichts als auf Sich. Stelle Ich denn meine
Sache gleichfalls auf Mich, der Ich so gut wie Gott das Nichts von allem Andern, der Ich mein Alles, der
Ich der Einzige bin.
Hat Gott, hat die Menschheit, wie Ihr versichert, Gehalt genug in sich, um sich Alles in Allem zu sein: so
spüre Ich, dass es Mir noch weit weniger daran fehlen wird, und dass Ich über meine »Leerheit« keine
Klage zu führen haben werde. Ich bin [nicht] Nichts im Sinne der Leerheit, sondern das schöpferische
Nichts, das Nichts, aus welchem Ich selbst als Schöpfer Alles schaffe.
PS.Wenn du vor dem Angst hast, was deine innere Wahrheit ist, wird es dir schwer fallen, die innere Wahrheit eines anderen Menschen oder Wesen anzunehmen. Wenn du aber dein eigenes Wesen kennst, dann wird dir das Wesen des anderen zugänglich._
Kurt, nur so wird es ein Miteinander geben, alles andere kannst Du vergessen und wer meint das wäre nicht so, der belügt sich nur selbst. ob Christ, Atheist, Humanist oder Politiker.