Hi Egon,Ich bekomme regelmäßig Werbung von einem Unternehmen die von sich behaupten nur ethisch und biologisch einwandfreie Produkte zu verkaufen. Das Unternehmen wird von einer christlichen Sekte betrieben; und aus diesem Grunde kaufe ich dort nichts, denn ich möchte niemanden unterstützen der durch mein Geld finanziert das Christentum durch Missionierung verbreitet.
Aber Egon, dann duerftest Du doch absolut gar nichts einkaufen. Der Anteil der Christen bei Unternehmern, Geschaeftsleuten und Ladenbesitzern ist doch jenem in der Bevoelkerung direkt proportional. Ich kenne viele Firmeninhaber persoenlich (z.B. Fliesenleger, Bauunternehmer, Kaufleute, Optiker, etc.), die zwar erklaertermassen keiner christlichen "Sekte" zugehoerig sind und dennoch regelmaessig hohe Summen an die Kirchen/christl. Religionsgemeinschaften vor Ort spenden. Von einem weiss ich (Bauunternehmer), dass ich von dessen regelmaessigen Spenden an die katholische Kirche ein Jahr lang gut leben koennte - und das seit vielen Jahren. Allerdings ist mir nicht bekannt, wo das Geld exakt landet. Ich nehme an, damit wird nicht Mission (in Afrika/Indien/etc.)betrieben, sondern kirchengemeindliche Aktionen in der Region ermoeglicht (was natuerlich auch als eine Art von Mission betrachten kann).
Sollte man sich nun von dieser Baufirma kein Haus bauen lassen? Andererseits kenne ich einen Immo-Makler, der per anno rund € 500.000,00 verdient und rein gar nichts fuer soziale Zwecke uebrig hat (ausser er haette vielleicht geschaeftliche Vorteile davon). Vom S-Klasse-Benz, ueber Jaguar, 911-Porsche, Porsche-Boxter, (leder- und sonstwas-)veredelten Mini-Cooper bis zur E-Klasse-Kombi (natuerlich E 55) hat der Typ alle Oberklassemodelle in der Garage stehen. Obwohl verheiratet fliegt er da schon mal First-Class zum Voegeln fuer `ne Woche nach Schanghai (und prahlt auch noch damit vor seinen Kumpels. Alleine der Flug kostet ihm ca. € 5.000,00). Weiter hat er eine Riesenvilla in Marbella, und, und, und...
Wer von beiden handelt nun ethischer aus der Sicht (zum Nutzen?) der Gemeinschaft? Oder gar aus der jeweils eigenen Perspektive betrachtet?
Dem Verbraucher Boykott von Ökoläden zu unterstellen nur weil die unfähig sind ihre Geschäftsidee zu vermarkten halte ich für reichlich überzogen.
Ich auch. Doch darin liegt doch gerade die Crux. Der Verbraucher faellt doch meist auf diejenigen herein, die es bestens verstehen ihre Geschaeftsidee zu vermarkten. Mit selbstgefundener Ueberzeugung zu ethischen Verbraucherverhalten hat dies doch nichts gemein. Und so wird die Welt weiterhin jenen Marktschreiern nachrennen, die ihre Produkte am interessantesten feilbieten. Ein interessantes Beispiel hierzu ist der Finanzdienstleistungssektor, auf dem auch ich einst taetig war.
Unter
http://www.beepworld.de/members34/wdo-power/werbinich.htm
liest man folgendes:
1990 Aufbau und Ausbau eines Strukturvertriebes für die Firma Knott & Partner. Dort konnte ich aufgrund von Empfehlungen für die Bereiche Immobilien, Finanzierung und Versicherung tätig sein. Von 12 Mitarbeitern mit einem Jahresumsatz von 8 Mio. DM im Bereich Immobilien, wurde der Vertriebserfolg durch 16 Monate intensivster Aufbauarbeit auf 480 Mitarbeiter mit 76 Mio. DM Umsatz bei Immobilien und 600 Mio. DM LV Umsatz gesteigert.
Besagter Herr Knott hatte 1987 nicht mal genug Geld in der Tasche, um sein "Apolinaris" in der Disco zu bezahlen, in der ich ihn bediente (ich war 7 Jahre lang Kellner waehrend meiner 2. Bildungsweg-/Studienzeit). Kein Wort davon, dass tausende von Anlegern geprellt worden sind mit einem Schaden von etwa DM 35.000.000,00.
Knott fuhr im Rolly inkl. Chauffeur durch Nuernberg und versprach den Anlegern satte Gewinne in Hoehe von 20 Prozent (und mehr) per anno. Er verkaufte Appartements meist ueber den Quadratmeterpreis und hinterher stellte sich heraus, dass die angegebenen Quadratmeter nicht mit den Angaben im unverbindlichen "Irrtum-vorbehalten-Prospekt" uebereinstimmten. Seit damals sitzt Kott - mehr oder weniger - ohne Unterbrechung im Knast. Lediglich einen Hafturlaub nutzte er zur Flucht nach Florida/geschnappt/Auslieferung/wieder Knast/etc..
Darueber schreibt natuerlich niemand. Es schreibt natuerlich auch niemand darueber, dass seine Werbeaussagen ueberzogen waren und taeglich ein Dummer aufsteht der solchen Mist GLAUBT, weil ihm nie beigebracht wurde, als Konsument auch ethisch zu handeln. Nur den eigenen Rachen vollkriegen - das haben die Leute im Kopf...
Das Problem an ökologisch orientierten Massenorganisationen ist, daß sie einerseits in Teilbereichen gute Arbeit leisten, ich ihnen jedoch nicht in allen Bereichen zustimme. Beispielsweise halte ich Gentechnik durchaus für ein geeignetes Mittel um Lebensmittel zu produzieren die z.B. besonders wiederstandsfähig und reich an Nährstoffen sind. Dadurch ist es möglich Hungersnöte wirkungsvoll zu bekämpfen.
Vorab. Ich habe nichts gegen GenTech. Jedem das Seine. Doch sollte man dem Verbraucher die Moeglichkeit zur (verantwortlichen) Entscheidung nicht nehmen, respektive ihm eines Tages nur Gen-Tech anbieten. Hungersnoete koennte man heute schon verhindern. Man braeuchte sie erst gar nicht zu bekaempfen.
Aus der Sicht eines Händlers oder Produzenten ist Werbung doch ein geeignetes Mittel um die eigenen Waren anzupreisen. Und ein Hersteller von "fair trade" kann Werbung ebenso nutzen und tut er es nicht, dann soll er nicht rumjammern, daß seine Produkte nicht so häufig gekauft werden wie andere Produkte.
Von rumjammern war ja gar nicht die Rede. Ich kann mir denken, dass ein Unternehmen wie "Rapunzel" nur relativ wenig Geld in Werbung investiert, weil es vielleicht der Firmenphilosophie widerspraeche (Geld lieber an die Hersteller weitergeben).
Andererseits ist der Verbraucher bereit, fuer ein gut eingefuehrtes und gut beworbenes Produkt wie NIKE oder insbesondere Addidas viel Geld auszugeben. Der reine Poduktwert ist meist nur ein Bruchteil dessen, was der Kunde am Tresen bezahlt. Der Rest des Geldes fliesst zuerueck in massenhafte Werbestrategien. Neulich hatte ich ein Gespraech mit jemanden vom Zoll, der hatte Papiere von einem namhaften Schuhhersteller zu pruefen. Etwa mit € 5,00 (pro Paar Schuhe) waren als "Warenwert" angegeben. Verkauft werden die Dinger dann im bundesrepublikanischen Laden fuer € 50,00 bis € 100,00. Der Arbeiter in Nicaracua erhaelt oft nicht mal den dortigen Mindestlohn.
Und genau darin laege die ethische Verantwortung des Konsumenten.
Irgendwie bist doch schon ein Boykotteur, denn wenn Du nur in bestimmten Läden einkaufst boykottierst Du doch zwangsläufig andere Geschäfte...
Aber das macht doch derjenige ebenso, der nur beim ALDI umd die Ecke oder vielleicht noch bei LIDL einkauft und nie einen Oekoladen betritt.
Zudem ist der Naturkostladen in dem ich einkaufe eher ein Oeko-Supermarkt, denn eine verschrumpelte Bio-Baracke. Man bekommt dort (fast) alles zur taeglichen Nahrungsmittelabdeckung. Und - den EURO kann man eben (wie die D-Mark) nur einmal ausgeben.
...und dort gibt es sicherlich auch Produkte die unter vernünftigen Rahmenbedingugnen produziert wurden.
Das leugne ich gar nicht. Doch warum sollte ich wegen vielleicht ein paar guter Produkte mit dem Automobil noch andere Laeden anfahren und die Umwelt damit belasten? So gesehen ist der Sprit n Deutschland immer noch zu billig. In er BRD hat sich der Kunde fast einen Volkssport daraus gemacht, mit seinem Auto Kilometer runterzuspulen, nur um im x-ten Geschaeft den TV-Tuner nochmals um einige EURO billiger zu schnappen (Schnaeppchenjaeger).
Zum Beispiel:
http://www.rapunzel.de
Mir völlig unbekannt.
:-)))
Egon - so leckere Schokolade hast Du bestimmt noch nie gegessen :-))
Kontrolliert biologischer Anbau und möglichst naturbelassen: Das ist doch schon ein Widerspruch.
Haeh? Wieso?
Biologischen Anbau koennte sonst doch jeder probagieren. Nur durch konsequente Kontrolle kann der Verbraucher moeglichst sicher sein, ein wertvolles Produkt zu erwerben. Naturbelassen heisst z.B. nicht mit Gen-Tech veraendert oder eine schonende Weiterverarbeitung, wie z.B. das Conchieren bei der Schokoladenproduktion oder der Verzicht auf Soja-Lecithin. Oder nur geringe Erhitzung, etc. Weitere Detail-Infos z.B. fuer Schokolade unter:
http://www.naturata.com
(Produkte / Schokolade / Herstellung...)
Herbert kannt Du mir mitteilen in welchen Bereichen, bzw. welche Lebensmittel bei Rapunzel nicht naturbelassen sind ?
Eigentlich sollte es da keine Ausnahmebereiche geben und ich kenne auch keine. Bei Bio-Flips und Chips ist mir bekannt, dass das verwendete Meersalz nicht aus kbA stammt :-))
Und verkaufst fleißig weiter süchtig machende Waren. Machst aber gleichzeitig anderen Vorwürfe die Waren verkaufen die aus Deiner Sicht biologisch oder ethisch nicht einwandfrei sind.
Sorry Egon, aber ich habe hier stets primaer die Verantwortung des Konsumenten kritisiert, nicht die des Haendlers. ALDI, NIKE, Addidas oder Herbert Ferstl koennen solange ihre Produkte vekaufen, solange es Menschen gibt, die sich einen Dreck um die (ethischen?/gesundheitlichen?) Folgen ihres Konsums scheren. Wer nicht bei mir kauft, kauft die Zigaretten an der Tankstelle. Doch haette dies finanzielle Auswirkungen auf die Einkuenfte des Tabakpflanzers oder gar auf seine vielleicht widrigen Arbeitsbedingungen? Bei der "Brent Spar" waren sich die "Kunden" ja auch einig, nicht bei BP zu kaufen. Aber vielleicht war es damals gerade opportun oder "in" nicht bei BP zu tanken. Und kaum jemand ist bereit einen indischen Teppich zu kaufen, wenn er weiss, dass Kinderarbeit dahintersteckt.
Der Einzel-/Grosshaendler ist immer nur Zwischenstation - zwischen Produzent und Verbraucher. Was ihn natuerlich nicht aus einer gewissen Verantwortung entbindet.
Früher gab es die in Kinos zu sehen,...
Ich bin die ersten 30 Jahre meines Lebens nur fuenf mal im Kino gewesen...
...als Vorfilm. Ob ich die jemals in der Schule gesehen habe oder nicht bedeutet nicht, daß man sie heute nicht zeigen sollte, außerdem gab es während meiner Schulzeit noch keine Videos.
Wir sahen waehrend unserem Schulunterricht Filmspulen von Suedafrika/Apartheit. Oder den Anti-Kriegsfilm "Die Bruecke". Sehr praegend gewesen. Es gab/gibt also durchaus Moeglichkeiten, diese Themen massiv an die Kinder heranzutragen. Und dennoch:
"Anlass zur Sorge gibt allerdings die Entwicklung in den jüngeren Altersgruppen: Sowohl bei den 12- bis 15jährigen Jungen und Mädchen als auch bei den 16- bis 19Jährigen ist der Raucheranteil in den letzten Jahren wieder gestiegen bzw. stagniert auf hohem Niveau"
[Quelle BZgA]
...und das, auch wen ich persoenlich an Kids keine Kippen verkaufe. Wenn der Konsument nicht zu verantwortlichen Handeln sich selbst gegenueber faehig ist, wie will er dann Verantwortung fuer andere uebernehemen? Und - sollte dann nicht der Staat per Gesetze reglementieren (siehe Drogen)?
Wobei - ich setze nach wie vor auf "Selbsterkenntnis" und nicht auf staatliche Sanktionen. Verbote bewirken in den Koepfen der Leute leider nur wenig.
Gleichzeitig gibt die BZgA allerdings interessante Broschüren heraus.
Was bei den hohen Tabaksteuereinnahmen ja wohl kein Kunststueck ist...
Wie z.B. "Ja ich werde rauchfrei" "Die Luft anhalten oder Warum rauchen Frauen" oder "Raucherentwöhnung in Deutschland". Die könntest Du beispielsweise kostenfrei bestellen und in Deinem Geschäft den Rauchern zur Verfügung stellen.
Gute Idee. Habe gerade 120 Broschueren bestellt, die ich - ausser bei mir im Geschaeft - zusaetzlich im "Waldkindergarten Wendelstein" und im "Freien Kindergarten Schwabach e.V." an die Eltern verteilen werde.
Uebrigens liegt die Web-Site dieses Ministeriums schon einige Zeit bei meinen "Favoriten" (allerdings wegen eines anderen Themas).
Deutschland hat die EU Tabakwerbung in Zeitungen, Zeitschriften oder grenzüberschreitenden Großveranstaltungen auch im Rundfunk, Fernsehen und Internet verboten. Ist ja immerhin ein erster Schritt.
Richtig.
Gruesse
Herbert