Da unser Kindergottesdienst gerade Ferienpause hat, habe ich mal wieder
etwas Zeit, mehr über mich zu schreiben.
Der erste Bericht endete ja damit, wie ich nach meinem Zivildienst das
Studium wieder aufgenommen habe. Ich konnte mich nach dieser Pause mit
großer Konzentration zuerst auf Griechisch und danach auf alle anderen
Fächer stürzen. Studiert hatte ich auch dann noch weiter in Bochum und dabei
zuhause gewohnt. Das kam allen meinen Bedürfnissen zugute: Der
Bequemlichkeit, der Möglichkeit, in der Kirchengemeinde viel zu machen, und
auch, mich um meine Mutter kümmern zu können. Gerade meine Aufgaben in der
Kirchengemeinde haben mir neben dem Studium immer viel sinnvolle Freizeit
und Erfüllung gegeben. Allerdings konnte das Studium auch etwas darunter
leiden.
In dieser Zeit hatte ich auch eine erste wirklich ernste Beziehung geknüpft.
Wir hatten uns an der Uni kennengelernt, sie studierte Theologie und Latein
fürs Lehramt. Es war zeitweilig so ernst, dass wir uns sogar verlobt hatten.
Allerdings passten wir überhaupt nicht zusammen. Wir waren so
unterschiedlich, dass wir eigentlich fast nichts gemeinsam hatten. Sie kam
aus einer finanziell sehr gut gestellten Familie, in der Standesbewusstsein
wichtiger war als die Inhalte. Mit meinem kirchengemeindlichen Engagement
hatte sie wenig im Sinn. Urlaub im Luxushotel (mit Vater und Mutter, ich war
einmal mit) waren ihr wichtiger als z.B. mit Jugendlichen auf Freizeit zu
fahren und Abenteuer im Wald etc. zu erleben. Das einzige, was wirklich
zusammen passte, war der Sex. Doch obwohl ich das alles wusste, war ich
damals noch nicht in der Lage, diese Beziehung zu beenden. Das tat sie dann
irgendwann und ich bin ihr heute dankbar dafür.
Das war 1986. Ich habe dann die Gelegenheit genutzt und die Dortmunder Zelte
abzubrechen. Ich musste mich einfach mehr auf mein Studium konzentrieren.
Also bin ich im Frühjahr 1987 nach Bielefeld gegangen, um dort an der
Kirchlichen Hochschule in Bethel weiterzustudieren. Dort auf dem "heiligen
Berg" konnte ich in der familiären Athmosphäre einer kleinen Hochschule in
Ruhe studieren. Dort lernte ich aber sehr schnell meine Sabine kennen und
lieben. Es war eine tolle Zeit, die wir dort erleben durften. Nachdem sie
dann im Januar 1988 ihr Examen bestanden hatte und zum 1. Mai einen
Vikariatsplatz in Goslar bekommen sollte, habe ich beschlossen, sie nicht
alleine ziehen zu lassen (sie wollte das aber auch nicht). Im Juli 1988
haben wir in Bielefeld geheiratet. Unsere Tochter Michaela war da schon
dabei, sie wurde am 31. Oktober 1988 geboren. Ich bin dann auch nach Goslar
gezogen und habe mich dort auf mein Examen vorbereitet. Nach Bielefeld bin
ich höchstens noch mal gefahren, wenn ich Literatur brauchte.
Von Januar bis Juni 1989 habe ich mein Examen gemacht. Weitestgehend mit
Baby auf dem Schoß. Denn Sabine musste nach den 8 Wochen Mutterschutz wieder
arbeiten, sonst hätten wir nichts zu essen gehabt. Doch das junge Vaterglück
scheint mich beflügelt zu haben, denn trotz dieser widrigen Umstände habe
ich das Examen als Jahrgangsbester bestanden.
Von Nov. 1989 bis Juni 1992 war mein Vikariat. Wir wohnten während dieser
ganzen zeit in Goslar. Zum 1. Juli 1992 bekamen wir unsere erste Pfarrstelle
übertragen. Entsprechend der Politik unserer Landeskirche in Stellenteilung.
So zog es uns in die Dörfer groß Biewende, Klein Biewende, Kissenbrück und
Neindorf in die Nähe von Wolfenbüttel.
Dies war auch die Zeit, für die wir ein zweites Kind geplant hatten. Doch es
zog sich länger hin. Im November 1994 hatte Sabine eine
Eileiterschwangerschaft. Die OP kam in letzter Minute, sonst hätte ich
junger Witwer werden können. Aber ein Jahr später, am 28.11.1995 wurde dann
Robin geboren.
Im Sommer 1995 bekamen wir die Bewerbungsfähigkeit verliehen. Wir waren nun
"fertige" Pfarrer und konnten uns auf jede Pfarrstelle in der Landeskirche
bewerben. Zuerst wollten wir bleiben, doch der Großgrundbesitzer und per
Geburt Kirchenvorstandsvorsitzender in Kissenbrück (sowas gibts manchmal
noch, nennt sich wie im Mittelalter Patron) machte Ärger, weil ich seine
"hochherrschaftlichen" Rechte nicht genug gewürdigt hatte. Mit allen
illegalen Trick versuchte er, Stimmung gegen mich (uns) zu machen. Da sind
so manche Sachen passiert, die bis heute ihre Wunden hinterlassen haben. Vor
allem, weil keiner sich getraut hat, ihm entgegenzutreten (obwohl alle uns
versichert hatten, dass sie für uns und gegen ihn wären). Wir haben dann die
Konsequenzen gezogen und sind zum 1. April 1996 nach Othfresen gegangen.
Hier haben wir jetzt so etwas wie eine Heimat gefunden. Am 21. November 1997
ist dann auch noch Miriam geboren worden. Das war ein (allerdings sehr
schöner) "Unfall". Danach habe ich mich sterilisieren lassen.
Als unsere Kirchenleitung mich am 3. September 2002 fragte, ob ich zum 14.
Oktober 2002 die Schulpfarrstelle übernehmen möchte, konnte ich (konnten
wir) nicht nein sagen. So haben wir unser Arbeitspensum von zwei halben auf
zwei ganze Stellen erhöht. Allerdings auch die Belastung und den Stress.
(Mittags- Koch- und Esspause)
Obwohl ich mich kurz gefasst habe, ist es nun doch schon wieder relativ viel
geworden. Etwas Wichtiges muss ich aber unbedingt noch loswerden. Etwas, das
mein Leben in den letzten Jahren betrifft, aber auch mit der Kirche zu tun hat.
In unsere Ehe ist mit den Jahren doch ziemlich viel Routine eingezogen.
Sabine konnte und kann sexuell unersättlich sein, aber nur wenn sie in
Stimmung ist. Wenn nicht, ist sie auch nicht zu verführen. Die berufliche
und familiäre Anspannung und Belastung sorgt nun schon seit Jahren dafür,
dass wir kaum Zeit füreinander haben und dass sie abends eigentlich immer
müde und ko ist. So kommt Zärtlichkeit und Sexualität in unserer Ehe kaum
noch vor. Ein flüchtiger Kuss zum Abschied oder zur Begrüßung - das war's
meist schon. So manches Mal habe ich mich gefragt, warum ich mich nach
Miriams Geburt habe sterilisieren lassen. In den mittlerweile 5 1/2 Jahren
haben wir allerhöchstens 10mal miteinander geschlafen. das letztemal im
Januar, davor im Januar 2002. Wenn mir die uruguayische Kursteilnehmerin (Religionspädagogik) geschrieben hat, sie hätte sich fast schon wieder als Jungfrau gefühlt, dann konnte ich das gut nachvollziehen. Ich denke, das hat ein bischen mit dazu beigetragen,
dass es zwischen uns so gekommen ist.
Verstehen Sie mich jetzt bitte nicht falsch: Ich habe nicht nur einfach einen
Sexkontakt gesucht. Ganz im Gegenteil: meine Empfindungen zu dieser geilen Südamerikanerin gehen viel tiefer. Ich bin mittlerweile sicher, dass vieles von ihrer besonderen Ausstrahlung in ihrer Lebensgeschichte/Lebenssituation begründet ist. So
hatte ich von Anfang an immer das Bedürfnis, sie zu umarmen. Nicht
erotisch, sondern mehr schützend und stützend. Und mit jedem, was sie mir von
ihr berichtet hat, wurde dieser Wunsch stärker. Erotische Empfindungen habe
ich ihr gegenüber erst später entwickelt: Nämlich als wir uns bei unserem
ersten Treffen zum Abschied umarmt hatten. Da fing es an. Und ich glaube,
ich habe mich ein bischen in die Südamerikanerin verliebt.
Sollte ich weiterhin mit den CJD Kursteilnehmerinnen schlafen? Oder soll ich mich von meiner frigid-geilen Sabine trennen, die ja auch mit jedem x-beliebigen gleich ins Bett geht und die liebesbedürftige Uruquayerin, die übrigens wegen unseres Seitensprunges geschieden ist vielleicht sogar heiraten?
Grüsse aus Othfresen
Pfarrer Jürgen Zimmermann
juezimmermann@gmx.de