UND WARUM GIBT ES GEWALT ???
Panta rhei (Herakleitos aus Ephesos). Alles fließt, auch die Energie in unserem Körper. Wo wir einander Gewalt antun, nötigen, da belasten , quälen wir die Seele, da stören wir die Harmonie des Energieflusses, da kommt es zum
Gefühlsstau, und wir werden ungemütlich, einander unsympathisch. Dieser Stau hat also negative Folgen, nach innen wie nach außen, und wir werden krank - und mit uns die Welt. Und dieser Stau muss sich - irgendwann stark genug - zwangsläufig entladen, den Damm der Selbstbeherrschung, Kompensationsfähigkeit brechen, und die
nächste Gewalttat, die nächste Not, gar der nächste Krieg ist da. (Gewalt erzeugt Gegengewalt, ob wir es nun wollen oder nicht, und das Leben in und um uns leidet, stirbt)
Oft ist es sehr schwer, die Ursachen für Gewalt herauszufinden, da
es eine Menge an möglichen Faktoren gibt, die im Ergebnis zu
Gewalt führen können. So ist es oft auch nicht nur ein Grund, der
zu Gewalttaten führt, sondern es kommen mehrere Gründe
zusammen, wodurch sich im Laufe der Zeit Aggressionen aufbauen,
die dann irgendwann ‚rausgelassen' werden müssen.
Es gibt verschiedene Theorien, die versuchen, das Entstehen von
Gewalt zu erklären. Diese Erklärungsansätze darf man jedoch nicht
einzeln betrachten, sondern erst zusammen ergeben sie
möglicherweise eine Erklärung für die Gründe gewalttätigen
Verhaltens. Die Ursachen sind individuell verschieden, und daher ist
es eben sehr schwer zu bestimmen, wodurch ein bestimmtes
Verhalten zustande kommt.
Eine dieser Theorien ist die Triebtheorie: Sie beruht darauf, dass es
eine "angeborene Neigung des Menschen zum Bösen und zur
Aggression" gibt. Durch aggressive Handlungen wird nach dieser
Theorie destruktive Energie abgebaut. Danach ist aggressives
Verhalten unvermeidlich und wird als Instinkthandlung bezeichnet;
bei jedem Menschen ist dieser Trieb unterschiedlich stark
ausgeprägt.
Eine andere Theorie ist die der angstmotivierten Aggression. Dabei
fungiert die Aggression zur Durchsetzung eigener Bedürfnisse.
Kinder, die sich zum Beispiel der Zuneigung ihrer Mitmenschen
unsicher sind, versuchen sich durch aggressives Verhalten
Aufmerksamkeit zu verschaffen. Dadurch verringert sich ihre soziale
Angst.
Die dritte gängige Theorie ist die der Aggression als Folge von
Frustration Das bedeutet, dass ein Mensch sich aggressiv verhält,
wenn er an der Durchsetzung seines eigenen Ziels gehindert und
dadurch frustriert wird. Eine Zunahme von Frustration zieht immer
aggressiveres Verhalten nach sich.
Die verschiedenen Arten der Verstärkung können, wenn sie falsch
eingesetzt werden, auch zu Gewaltverhalten führen. So muss
darauf geachtet werden, dass man kein Ergebnis lobt, welches
durch aggressives Verhalten erlangt wurde. Denn diese positive
Verstärkung würde dazu führen, dass das aggressive Verhalten als
richtig angesehen und somit weiterhin zur Erreichung von Zielen
eingesetzt würde.
Duldung von Gewalt wird als stillschweigende Zustimmung
aufgefasst, und somit wird dieses Verhalten auch nicht
eingeschränkt. Aber auch negative Verstärkung darf nicht falsch
eingesetzt werden, weil sie sonst ebenfalls das Gegenteil des
gewünschten Verhaltens bewirkt. So sieht der Betroffene nicht ein,
sein unangemessenes Verhalten zu verringern, wenn es für ihn eine
positive Auswirkung hat. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn
durch das Schlagen eines anderen der Angriff dieses anderen
verhindert wird.
Eine weitere Gewaltursache kann die Nachahmung sein. So kann es
zu gewalttätigem Verhalten kommen, wenn ein Kind oder
Jugendlicher dieses Verhalten auch schon bei anderen, zum Beispiel
innerhalb der Familie, gesehen hat. Aggressives Verhalten wird also
nachgeahmt.
Die nächste Theorie, auf die ich eingehen möchte, ist die
Anomietheorie. Nach dieser Theorie liegen die Ursachen der Gewalt
vor allem in der Gesellschaft. So kann es zur Gewalt kommen, wenn
die Lebensumstände den Kindern und Jugendlichen keinen Raum zur
sozialen Integration und für sozialen Erfolg lassen. Wenn diese Ziele
der Gesellschaft nicht erreicht werden können, werden die
Betroffenen aggressiv. Wenn ein Kind zum Beispiel nur noch
dadurch Ansehen bei seinen Mitschülern bekommt, dass es
Markenkleidung trägt, sich diese aber nicht leisten kann, kommt es
bei ihm zu Aggressionen, die wiederum oft durch Gewalt abgebaut
werden. Eine Ursache für Gewalt könnte also auch in der
Gesellschaft liegen, wenn diese zu hohe (zum Beispiel materielle)
Ziele setzt, die nur für wenige durch erwünschtes Verhalten, zu
erreichen sind.
So besteht bei uns zum Beispiel eine konsumorientierte
"Wettbewerbsgesellschaft", die zum Beispiel durch Werbung und
Wünsche erzeugt wird, die sich jedoch viele nicht leisten können.
Kinder und Jugendliche, die aus sozialen Brennpunkten kommen,
leben in einer schlechten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Ausgangssituation, die aggressiv macht und Gewaltbereitschaft
erzeugt. Die Schule kann durch soziale Selektion zur psychischen
und sozialen Verunsicherung der Jugendlichen beitragen; die Gewalt
der Kinder und Jugendlichen dient dann als
Verteidigungsmechanismus. Somit können die schulischen
Bedingungen auch Ursache von Gewalt sein.
Eine weitere Ursache, die zu Gewalt bei Kindern und Jugendlichen
führen kann, ist die Überstimulierung bestimmter Sinneseindrücke
unter anderem durch die Medien, wohingegen motorische,
körperliche und emotionale Sinneseindrücke oft zu geringfügig
beansprucht werden, da Kinder und auch Jugendliche kaum noch
Platz haben, um sich im Freien auszutoben. Diese "Kräfte" werden
dann durch Gewalt abreagiert. Auch die Veränderung der
Familienverhältnisse kann dazu führen, dass sich bei den Kindern
und Jugendlichen Gewaltpotenzial aufbaut. So kann es in
bestimmten Wohngegenden schwer sein, Freunde in Wohnnähe zu
finden, da die Geburtenrate immer mehr zurückgeht. Dann können
Kinder und Jugendliche nur schwer ein wünschenswertes
Sozialverhalten zu Gleichaltrigen aufbauen. Ein weiteres Problem ist,
dass es immer mehr Eltern gibt, die sich scheiden lassen oder dass
Kinder in Ein-Eltern-Familien aufwachsen. Das ist oft eine sehr
große psychische und soziale Belastung für die Kinder auf der
psychischen und sozialen Ebene, weil sich der Beziehungskreis von
Vertrauenspersonen reduziert und Kinder nur schwer damit
zurechtkommen.
Die letzte von mir angesprochene Theorie ist die
Etikettierungstheorie. Diese Theorie besagt, dass Kinder und
Jugendliche oft einer bestimmten Verhaltensweise zugeordnet
werden, sobald sie diese auch nur einmal gezeigt haben. Die
Betroffenen werden so leicht "abgestempelt", und es ist schwer,
dieses Image wieder loszuwerden. Viele geben es dann auf und
bleiben bei dem ihnen zugeordneten Verhalten.