Der Humanist: Der Menschheit verpflichtet

Navigationsleiste

 28. September 2003 · Kultur: Traumfabrik Kommunismus

An der Frankfurter Buchmesse vom 08. - 13. Oktober 2003 wird Rußland erstmalig als Gastland teilnehmen. Parallel dazu bietet die Schirn Kunsthalle in Frankfurt eine Ausstellung über die sowjetische Kunst der Stalinzeit.

Auszug aus der Pressemitteilung:

Die umfassende Ausstellung "Traumfabrik Kommunismus", die vom 24. September 2003 bis 4. Januar 2004 in der Schirn Kunsthalle Frankfurt gezeigt wird, widmet sich dem im Westen immer noch wenig bekannten Kosmos der sowjetischen Kunst der Stalinzeit. Als zentralistisch organisierte Massenkultur bediente diese sich der Mechanismen und Strategien der Werbung, um ihre hocheffektiven Propagandabilder zu verbreiten. Dabei weist der stalinistische Sozialistische Realismus eine offensichtliche Ähnlichkeit mit der gleichzeitigen amerikanischen Massenkultur auf. Die Verwandtschaft zwischen der westlich-kommerziellen und der sowjetisch-ideologischen Massenkultur lässt sich vor allem daran erkennen, dass für beide Systeme die Werbung stilbildend war und sich an alle Menschen gleichermaßen gerichtet hat. Mit dem Unterschied, dass im Westen für unterschiedliche Produkte, im stalinistischen Russland mit seinem totalitären und auf Unterdrückung basierenden Staatsapparat jedoch nur für ein einziges - den Kommunismus - geworben wurde.

Mehr Informationen: Schirn Kunsthalle

[C.B.]

 21. September 2003 · Kultur: Opus Magnum

Über den Film HEAT von Michael Mann.

Neil McCauley ist kein gewöhnlicher Verbrecher. Er ist die fleischgewordene Präzision. Perfekter Haarschnitt, perfekt gestutzter Bart, perfekt sitzender Anzug. Mit der gleichen präzisen Perfektion plant er seine Überfälle und Einbrüche. Seine Philosophie ist, sich an nichts zu hängen, daß man nicht nach 30 Sekunden problemlos wieder verlassen kann. Dies gilt für seine kriminellen Aktivitäten wie für sein Privatleben. Doch seine Achillesferse ist die Einsamkeit. Mehr...

C.B.

 15. September 2003 · Religion: Stadtgebete


„Everything means something, I guess.“
(Marilyn Burns in THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE von Tobe Hooper)

Auf dem Römerberg zu Frankfurt war's, da malte der damals amtierende Bundeskanzler Helmut Kohl wieder einmal ein derart finsteres Bild des Landes, daß es aus dem Publikum antwortete: „Wenn es dir hier nicht paßt, geh doch rüber!“ „Rüber“ kann heute keiner mehr gehen, aber passen tut auch heute vielen vieles noch nicht. Allen voran den Kirchenoberen, die keine noch so bescheidene Möglichkeit auslassen, nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Kirche zu mahnen, ihre unverwechselbare Botschaft wachzuhalten. Eine Aufgabe, die ihnen aufgrund ihrer einschläfernden Inhalte immer schwerer fällt. Einen Versuch wagte jetzt zum Abschluß des Kreuzfestes auf dem Römerberg Bischof Franz Kamphaus.

Das Kreuz Jesu sei eine Mahnung für alle Christen, sich der Realität zu stellen. Nun hat die Pfaffenbrut über Jahrhunderte hinweg nichts Besseres zu tun gehabt, als die Realität, also die reale Realität, mit ihrer Himmel-Hölle-Hirnschwurbelei zu verbiegen. Deswegen muß man auch heute noch auf der Hut sein, wenn ein Pfaffe von Realität sabbelt. Er meint nämlich nach wie vor die christliche Realität, die mehr und mehr wahnhafte Züge annimmt, je mehr ihr Einfluß in der Gesellschaft schwindet.

Dem Wahn entsprungen scheinen auch die Drogenmetaphern des Bischofs zu sein, anders lassen sie sich nicht erklären. Die Aussage, daß Religion eben kein Opium fürs Volk sei, der christliche Glaube wie ein Entzug des Opiums selbstfabrizierter Luftschlösser sowie motorisierter Schein- und Luxuswelten wirke, also die Verdrehung der Tatsachen, ja Herrgott, darauf muß man erst mal kommen. Dieses Rumgeiere läßt nicht nur den Lenin rotieren. Und wohin dieser Entzug führt, nämlich zur ganzen Realität, das - wer kann es sich nicht denken? - weiß der Kamphaus selbstverständlich auch. Mit diesem ganzheitlichen Quatsch grast der Ochs' am esoterischen Wegesrand. In der Not frißt der Teufel Fliegen.

Die Kirche modernisieren? Ein Irrglaube, so Kamphaus, denn das Christentum verliere nicht deshalb an Bedeutung, weil die Kirche sich nicht dem modernen Lebensgefühl anpasse. Kirche müsse sich vielmehr „vom Üblichen unterscheiden“. Zu sehr „haben wir Christus uns angepaßt, statt daß wir uns ihm anpassen, und die Balken des Kreuzes geglättet, daß sie niemandem mehr weh tun.“ Nun ja, ein paar Splitter unter den Fingernägeln sollen ja prima Muntermacher sein. Vielleicht meinte Kamphaus genau das damit: die unverwechselbare Botschaft wachhalten. Würde zumindest in die christliche Foltertradition passen.

Das Motto des Festes lautete in ausgesuchter Dämlichkeit: „Kirche findet Stadt“. Bischof findet Hirn wäre das bessere Motto gewesen. Aber dazu wird es nie kommen. Deswegen ist der Kamphaus überzeugt, daß das Christentum von Anfang an eine Stadtreligion gewesen sei: „Kirche gehört in die Stadt, da hat sie keine Berührungsangst.“ Man kann die Kirche aber auch im Dorf lassen. (C.B.)

[Quelle: FAZ, 14.09.2003]

 14. September 2003 · Religion: Säkulare Alternative zum Schulstart

Premiere zum Schulstart war bereits am 9. September 2003: Nürnberg hat eine neue Grundschule für seine Kinder. Es ist die erste Jenaplan-Schule Süddeutschlands (http://www.jenaplanschule-nuernberg.de). Die Jenaplan-Schule in Nürnberg entstand in freier Trägerschaft.

Zum Schulbeginn in der neu gegründeten Jenaplanschule Nürnberg hat der Humanistische Verband Deutschland (www.humanismus.de) mit seiner Geschäftsstelle in Nürnberg (http://www.hvd-nuernberg.de) ein ganz besonderes Bonbon angeboten. Zusätzlich zum "gewöhnlichen" Ablauf mit Schulanfangsgottesdienst für die jeweiligen Konfessionen hat der Geschäftsführer des HVD-Nürnberg, Herr Michael Bauer, eine interessante und alternative Variante offeriert: Für die interessierten, konfessionslosen oder andersgläubigen Kinder und Eltern wurde von ihm und seinem Kollegen ein kleines Theaterstück vorgetragen, das einen durchaus ethischen Hintergrund hat. Das Märchen von Hans Christian Andersen, "Des Kaisers neue Kleider" (Text und Rezension siehe auch: http://www.reines-sein.de/s_kaiser.htm)
Mit dieser säkularen Alternative dürfte es der Jenaplanschule Nürnberg ein weiteres mal gelungen sein, ein Novum - zumindest in Nürnberg - zu setzen. (H.F.)

 12. September 2003 · Kultur: Johnny Cash R.I.P.

I hurt myself today
To see if I still feel
I focus on the pain
The only thing that's real
The needle tears a hole
The old familiar sting
Try to kill it all away
But I remember everything

What have I become?
My sweetest friend
Everyone I know
Goes away in the end
You could have it all
My empire of dirt
I will let you down
I will make you hurt

I wear this crown of thorns
Upon my liar's chair
Full of broken thoughts
I cannot repair
Beneath the stain of time
The feeling disappears
You are someone else
I am still right here

What have I become?
My sweetest friend
Everyone I know
Goes away in the end
You could have it all
My empire of dirt
I will let you down
I will make you hurt

If I could start again
A million miles away
I would keep myself
I would find a way

(Johnny Cash: Hurt)

1932-2003

(C.B.)

 11. September 2003 · Religion: Der Todesengel von Kalkutta

Am 19. Oktober 2003 wird in Rom die offizielle Seligsprechung von Mutter Teresa stattfinden. Manche rechnen gar mit der gleichzeitigen Heiligsprechung, wie die Presse berichtet. Schon zu Lebzeiten umgab die kleine Ordensgründerin ein Mythos, der die höchst unerfreuliche Wirklichkeit öffentlichkeitswirksam kaschierte.

Die neue Info-Website www.mutter-teresa.info dokumentiert die gerne verdrängten Schattenseiten der Ordensgründerin: So hielt die Freundin von Diktator "Baby Doc" Duvalier die Demokratie für "Teufelswerk", zweifellos in der Annahme, dass das "Gute stets von oben kommt". Die millionenfach eingesammelten Spendengelder setzte sie nicht dazu ein, um die Not vor Ort (beispielsweise in Kalkutta) zu lindern, sondern hortete sie auf Konten des Vatikans. Ihr Leben lang verachtete sie das Diesseits so sehr, dass sie ihren Kranken in Kalkutta keine schmerzlindernden Tabletten geben ließ, da die Kranken in ihrem Leid und ihrem Schmerz dem Herrn Jesu Christi so viel näher seien. Statt irdischer Hilfe bekehrte sie Tausende von Menschen, die Zuflucht bei ihr suchten, zum Christentum (zweifellos in dem Glauben, sie dadurch vor dem Höllenfeuer zu retten). Lebensrettende oder -verlängernde Maßnahmen waren in ihrem Sterbehospiz jedoch unerwünscht, da Teresa nach erfolgter Bekehrung das Bett frei haben wollte, um weitere Seelen retten zu können. Kein Wunder, dass viele Slumbewohner große Angst hatten, dem "Todesengel von Kalkutta" jemals zu begegnen ...

mehr auf www.mutter-teresa.info

(H.J.)

 11. September 2003 · Religion: PorNo!


„Die neuen Pornofilme konnten sich auch nicht auf den Reiz des Verbotenen herausreden; im Gegenteil: das Ziel der langen Entwicklung vom Sex- zum Pornofilm war ja gerade die gesellschaftliche Anerkennung der Pornographie gewesen.“
(Georg Seeßlen: Der pornographische Film)


Was ist der einfachste Weg, eine katholisch geschlossene Ehe zu annullieren? Einfach in der betreffenden Kirche einen Pornofilm drehen und schon wird auf Teufel komm raus annulliert. Genau das ist jetzt in der Abbruzzen-Gemeinde Gioia Vecchio geschehen. 1998 hatte der damalige Pfaffe die Erlaubnis für den Dreh einer Hochzeitsszene auf dem Kirchenvorplatz erteilt. Gefilmt wurde aber in der Kirche pornöses Material. Und so startete der derzeit amtierende Pfaffe Paolo Ferrini einen Ein-Mann-Feldzug gegen das „Obszöne“ in der Kultur: „Alle nach diesem skandalösen Akt hier abgehaltenen Feiern werden als nicht statthaft betrachtet.“ Wer die Kosten für all die Neuvermählungen übernimmt, steht in den Sternen. (C.B.)

[Quelle: Yahoo-News, 11.09.2003]

 10. September 2003 · Religion: Einer von vielen

Bereits im letzten Jahr hatte das Amtsgericht Eilenburg einen Pfaffen wegen Mißbrauchs in neun Fällen an zwei 15 und 16 Jahre alten Mädchen verurteilt. Den Mißbrauch sah das Amtsgericht als erwiesen an und verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Auf Bewährung, das ist so üblich. Die Staatsanwaltschaft warf dem Pfaffen sogar Mißbrauch in 42 Fällen vor und daß der Angeklagte im Zuge seiner seelsorgerischen Tätigkeit in Schkeuditz bei Leipzig "gezielt Abhängigkeitsverhältnisse" zu den jugendlichen Gemeindemitgliedern aufgebaut hatte. Tiefgreifende Bewußtseinsstörungen seien bei den Mädchen aufgetreten, so die Staatsanwaltschaft. Und so legte die Anklage Berufung ein. Die Verteidigung sowieso. Seit Dienstag muß sich der Pfaffe erneut verantworten, diesmal vor dem Leipziger Landgericht. Schon kurz nach Prozeßbeginn ließ Richter Ralf Hellner den Saal räumen. Das weitere Verfahren findet unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Begründet wurde diese Maßnahme nicht nur mit den schutzwürdigen Interessen der Opfer, sondern auch mit denen des mittlerweile vom Dienst suspendierten Täters. (C.B.)

[Quelle: Yahoo-News, 09.09.2003]

 9. September 2003 · Religion: Newsflash

Kaum gemeldet und schon veraltet. Nach neuesten Berichten teilte heute ein Gerichtssprecher mit, daß sich die Erzdiözese Boston und die Mißbrauchsopfer der katholischen Kirche gütlich geeinigt haben. Gegen die Zahlung einer Entschädigungssumme in Höhe von 85 Millionen Dollar werden die mehr als 500 Klagen eingestellt. (C.B.)

[Quelle: Yahoo-News, 09.09.2003]

 9. September 2003 · Religion: Persilschein wird immer teurer

Im August dieses Jahres veröffentlichten die Justizbehörden von Massachusetts einen Bericht, der davon ausgeht, daß katholische Pfaffen innerhalb der vergangenen 60 Jahre mehr als 1.000 Minderjährige mißbraucht haben. Über 500 Klagen der Opfer sind gegen die katholische Kirche mittlerweile anhängig. Im selben Monat hatten die Betroffenen ein erstes Entschädigungsangebot von 55 Millionen Dollar abgelehnt. Um vor Gericht keinen kompletten Schiffbruch zu erleiden, hat die Erzdiözese Boston, die im Mittelpunkt des Skandals steht, jetzt, nach zweitägigen Verhandlungen, die Entschädigungssumme auf 85 Millionen Dollar erhöht und fordert im Gegenzug die Einstellung aller Klagen. (C.B.)

[Quelle: Tiroler Tageszeitung, 09.09.2003]

 18. Juli 2003 · Religion: Alle Jahre wieder...

Dokumentation eines Elternbriefes (Bundesland Bayern):

Guten Tag, sehr geehrte Frau Rektorin ...,

vorab vielen Dank für das o.g. Schreiben vom Juli 2003, das die Einschulung unseres Kindes betrifft. Darin weisen Sie auf den ersten Schultag, Dienstag, 9. September 2003 hin. Leider ist Ihnen ein Lapsus unterlaufen: Sie haben vergessen anzugeben, zu welcher Uhrzeit die erste offizielle Unterrichtsstunde, respektive die Begrüssung der Kinder im Schulhaus beginnt. Sie weisen zwar ausführlich darauf hin, dass für die Gläubigen unter den Eltern und Schülern ein Schulanfangsgottesdienst - schön säuberlich getrennt nach Konfession (Stichwort Ökumene) - geplant ist (Sie geben sogar die exakten Gottesdienstanfangszeiten und Busabfahrtszeiten an), wir gehen aber davon aus, dass dies nicht die erste Unterrichtsstunde ist.

Menschen ohne religiösen Glauben oder Menschen mit nichtchristlichen (jüdischen, moslemischen, etc.) Glauben werden in Ihrem Schreiben erst gar nicht erwähnt. Ein Phänomen, das jedes Jahr zum Start des staatlichen Schulunterrichts in den Medien und den Infoblättern der Schulen zu beobachten ist.
Es stellt sich nun die Frage, zu welcher Uhrzeit die erste staatliche Unterrichtsstunde in der Schule beginnt? Sollten Nichtchristen einfach die Dauer des Gottesdienstes abschätzen - vielleicht eine halbe Stunde? Vielleicht eine Stunde? Verschätzt man sich, kommt man eventuell zu spät oder man vergeudet viel Zeit mit Warten. Wäre nun tatsächlich die erste Unterrichtsstunde des Schuljahres der Schulanfangsgottesdienst, so müsste diese als Religionsstunde gekennzeichnet sein. Nicht- oder Andersgläubigen wäre ergo ein Äquivalent im Sinne des verbindlichen Ethikunterrichts anzubieten.

Warum also gibt man nicht für alle Schüler die verbindliche Uhrzeit der ersten offiziellen Unterrichtsstunde allgemein bekannt und lässt jeden Schüler die freie Entscheidung, vorher noch einen entsprechend angekündigten Gottesdienst zu besuchen? Trennung von Staat und Kirche? Einem säkularen Staat stünde dies gut zu Gesicht!

Mit freundlichen Grüssen

(H.F.)

 9. Juni 2003 · Politik: Kirchen ausserhalb der Verfassung?

Da hatte ein katholischer Ortspfarrer aus Franken, Bernhard Kroll, es doch glatt gewagt, während des Ökomenischen Kirchentags in Berlin am evangelischen Abendmahl teilzunehmen. Natürlich wurde er umgehend vom Dienst suspendiert und natürlich hat das jeder vorher gewusst. Und doch geht nun ein gellender Aufschrei durch die regionale Medienwelt im Grossraum Nürnberg. Dabei geht fast unter, dass der Pfarrer, "keinen Unterschied beim Empfang des Abendmahls gespürt" hat. Das hätte ich ihm aber vorher auch sagen können.
Manchmal fragt man sich in welchem Lande und in welcher Ära wir leben. Die BRD hat als rechtlich-ethische Basis eine Verfassung, deren verbrieften Grundrechte insbesondere sich in den elementaren Verfassungsartikeln wiederspiegeln. Ich zitiere: Art. 3, Abs. 3 unserer Verfassung: "Niemand darf wegen [...] seines Glaubens, seiner religiösen [...] Anschauungen benachteiligt [..] werden". Das Deutsche Grundgesetz hat Gültigkeit für alle Bürger innerhalb dieses Staates. Der säkulare Staat - respektive dessen Vertreter in der Legislative, Judikative und Exekutive - hat als Heimstatt aller Bürger dafür Sorge zu tragen, dass diese Normen eingehalten werden.
Bei Pfarrer Kroll spielt natürlich das Kirchenrecht zusätzlich eine entscheidende Rolle. Doch lässt dies die Frage zu: Steht das Kirchenrecht, respektive das kirchliche Arbeitsrecht - und somit die Kirchen - ausserhalb unserer säkularen Verfassung?
Ich denke ja. Wenn Erzieherinnen nur deshalb ihre Arbeitsstelle im katholischen Kindergarten (deren Kosten zu mehr als 85 Prozent die Eltern und die Allgemeinheit tragen) verlieren, weil sie in "wilder Ehe" mit einem Partner zusammenleben, oder wenn Krankenschwestern in kirchlichen Krankenhäusern (deren Kosten fast sämtlich über die Allgemeinheit und Krankenkassen abgerechnet werden) entlassen werden, weil sie z.B. aus ihrer Glaubensgemeinschaft ausgetreten sind, dann stellt sich kirchliches Arbeitsrecht über unsere Verfassung. Entsprechende Klagen der Betroffenen vor den Arbeitsgerichten werden einschlägig abgewiesen. Kein anderer Arbeitgeber in Deutschland kann sich so etwas erlauben und würde auch jeden Prozess vor den Arbeitsgerichten verlieren. Die Kirchen dürfen es, da hilft auch kein Lamentieren wie im Fall Kroll. Pfarrer Kroll wusste genau, worauf er sich eingelassen hatte. Die Gläubigen sollten sich deshalb weniger um unwichtige Fragen der Ökumene bemühen (Atheisten sind da schon viel weiter. Die Ökumene haben sie eh schon lange vollzogen - für sie sind prinzipiell alle Gläubigen gleich), sondern erst mal darum, das Fundament der Kirche, respektive das kirchliche Arbeitsrecht auf eine verfassungskonforme Basis zu stellen. Dann werden Fälle wie die Vorgenannten oder die des Pfarrer Krolls bald der Vergangenheit angehören. (H.F.)

[Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 7.-9. Juni 2003, Seite 19]

 3. Juni 2003 · Politik: Anfang vom Ende

"Der Kommunismus schafft die ewige Wahrheit ab, er schafft die Religion ab und die Moral."
(Karl Marx)

Schlechte Verlierer waren sie schon immer, die Katholiken. Um nicht als loser dazustehen, haben sie lieber gleich alles und jeden kaputt- bzw. totgeschlagen. Das war gestern. Heute ist das nicht mehr ganz so einfach. Da müssen sie sich meistens mit Maulhuberei begnügen, wie Daniel Herman, Sprecher der tschechischen Bischofskonferenz. Vorurteile aus der Ära der "kommunistischen Gehirnwäsche" attestierte er den Parlamentariern des tschechischen Abgeordnetenhauses. Und warum? Nur weil die Abgeordneten tatsächlich mal als Vertreter der Menschen im Land aufgetreten sind und den Staatsvertrag zwischen Tschechien und dem Vatikan abgelehnt haben. Denn in Tschechien sind nach offiziellen Angaben zwei Drittel der Menschen konfessionslos, das Land ist das einzige der ehemaligen Ostblockstaaten, das den Status der katholischen Kirche ungeregelt läßt. Die Ratifizierung, die die Kommunisten mit der Mehrheit der Bürgerdemokraten und vielen Sozialdemokraten verhinderten, hätte die Tätigkeit der Kirche im Schul- und Gesundheitswesen, im sozialen Bereich und der Armee geregelt - und damit all die längst hinlänglich bekannten Nachteile mit sich gebracht. (C.B.)

[Quelle: Jungle World Nr.23/2003]

 28. Mai 2003 · Politik: EU-Verfassung: Kirchen sollen privilegiert werden

Wir dokumentieren einen Brief des Humanistischen Verbandes Deutschland vom 28.05.03 an die Abgeordneten des Konvents:

Religiöse Wendung im europäischen Verfassungsprozess
- Artikel 37 formuliert Sonderrechte für Kirchen -

Sehr geehrte Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Konvent für eine europäische Verfassung,

wir bitten Sie die Trennung von Kirche und Staat zu verteidigen und sich dafür einzusetzen, dass die Union den säkularen Charakter ihrer Institutionen garantiert. Diese Institutionen sollten so konzipiert werden, dass sie sich neutral gegenüber den Überzeugungen ihrer Bürger verhalten. Die Europäische Verfassung darf keine Diskriminierung festschreiben und muss die Achtung der Freiheit aller religiösen oder nichtreligiösen Überzeugungen gewährleisten. Sie kann sich gegenüber den Überzeugungen und Glaubensvorstellungen ihrer Bürger nur neutral verhalten.

Nachdem es den Kirchen wahrscheinlich nicht gelingen wird, in die Präambel der europäischen Verfassung einen Bezug zu Gott und dem christlichen Abendland zu implementieren, ist jetzt eine neue Strategie zu erkennen, die unter großem zeitlichen Druck in wenigen Tagen durchgesetzt werden soll. In Deutschland wird der Kirchentag dafür geradezu plebiszitär eingesetzt.

Im nachträglich eingefügten Artikel 37:
"Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften" sind nicht akzeptable Sonderbedingungen für religiöse Gemeinschaften aufgenommen worden.

Absatz (1): "Die Europäische Union achtet den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn nicht." Mit dieser Formel werden bestehende Diskriminierungen von religiösen Minderheiten und insbesondere der großen Gruppe der Konfessionsfreien durch die Europäische Union akzeptiert. Dieser Artikel blockiert die weitere Entwicklung hin zu einer säkularen Gesellschaft.

Jede Bezugnahme auf Kirchen oder religiöse Vereinigungen in einem Verfassungsvertrag der Europäischen Union ist heute gänzlich unangemessen, da anders als im Absolutismus die Gesetze nicht mehr im Namen einer religiösen Macht erlassen, sondern von den demokratisch gewählten Vertretern des Volkes verabschiedet werden. Dies ist ein Grundprinzip jeder parlamentarischen Demokratie, durch das sie sich in Europa prinzipiell von der religiösen Tradition unterscheidet.

Im Absatz (3) wird den Kirchen eine ständige Interventionsmöglichkeit in die Politik der Europäischen Union mit der folgenden Formulierung eröffnet: "Die Union pflegt in Anerkennung der Identität und des besonderen Beitrags dieser Kirchen und Gemeinschaften einen regelmäßigen Dialog mit ihnen."

Die "Anerkennung der Identität", beispielsweise der katholischen Kirche, wäre die Akzeptanz einer dezidiert undemokratischen Institution in einer europäischen Verfassung. Kirchliche Sonderrechte, wie in Artikel 37 vorgesehen, sind diskriminierend. Wenn es beispielsweise um Fragen von Bildung und Moral, Schwangerschaftsabbruch und Frauenrechte, Ehescheidung, Familie, humanes Sterben, sexuelle Orientierung oder biomedizinische Forschung geht, dürfen den Kirchen in der Europäischen Union keine spezielle Einflussmöglichkeiten eingeräumt werden. Die Trennung von Staat und Kirche hat sich auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens zu beziehen.

Im Absatz (2) "Die Europäische Union achtet den Status von weltanschaulichen Gemeinschaften in gleicher Weise" werden zwar die Weltanschauungsgemeinschaften denen der organisierten Religionen formal gleichgestellt, doch zeigen alle Erfahrungen der säkularen Verbände, dass sie unter ungleichen Voraussetzungen handeln und ihre Rechte erst politisch erstreiten müssen.

Was hat der Gott der Christen in der Verfassung des gemeinsamen Europas zu suchen, zumal sich nur ein Teil der Bürgerinnen und Bürger auf ihn bezieht? Die Verfassung regelt das Miteinander von Bürgerinnen und Bürgern und Staaten, nicht die Dominanz von Religionen. In der modernen Gesellschaft können säkulare Verfassungsnormen nicht mehr an Glaubensvorstellungen orientiert sein. Die Institution Kirche besitzt keine Legitimation, die demokratische Beteiligung der Bürger Europas zu garantieren - der Vatikan hat sich bis heute geweigert, die europäische Menschenrechts-Charta zu unterzeichnen. Mit dem Artikel 37 ist in unzulässiger Weise Religion und Regierungsaufgabe vermischt worden.

Wir bitten Sie um die Unterstützung der Forderung nach Streichung des Artikels 37.

Der Humanistische Verband verweist ausdrücklich auf die gleich lautenden bzw. ähnlichen Forderungen anderer säkularer Verbände Deutschlands und Europas und erklärt sich mit ihnen in dieser Frage solidarisch.

Rolf Stöckel
Bundesvorsitzender

 25. Mai 2003 · Geschichte: Unbarmherzige Brüder und Schwestern auch in Deutschland

Vor einigen Tagen hat Spiegel online (abgedruckt auch in der Printausgabe 21/2003) einen brisanten Artikel über die Zustände in kirchlichen Kinderheimen vor allem in den 50er und 60er Jahren, aber mit Beispielen auch aus den 90ern veröffentlicht: "Unbarmherzige Schwestern". Der Text zeigt Parallelen zu dem gleichnamigen Film über die irischen Zustände auf (The Magdalenen Sisters). In Deutschland war es offenbar nicht anders.

Priester und Nonnen misshandelten Tausende Jugendliche, die ihnen in Heimen anvertraut waren. Die damals Betroffenen wollen den Skandal nun aufklären, stoßen aber auf eine Mauer des Schweigens.

Im Spiegel-Artikel wird auf das Buch "GottesTal der Tränen" vom Alexander Markus Homes (3-89704-164-2 - Scheffler-Verlag) hingewiesen. In diesem Buch wird das Leben von jungen Menschen in einem von einem Priester und Nonnen geleiteten katholischen Heim geschildert: Aus der Innenwelt dieses Heimes beschreibt der Autor, selbst Heimkind, die körperliche und seelische Gewalt, die Demütigung, Erniedrigung und Ablehnung, die Ängste, Schmerzen und Trauer, die Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit sowie den sexuellen Missbrauch, denen Kinder im "Namen Gottes" durch Nonnen, den Priester und Erzieherinnen im Heim der traurigen Kinder hilflos ausgeliefert sind. Aber auch die unerfüllten Hoffnungen, Wünsche, Sehnsüchte nach Wärme, Geborgenheit und Zärtlichkeit der Opfer der "Schwarzen Pädagogik" werden geschildert. Das Erleben von Gewalt in ihren schlimmsten Formen, der die Kinder durch eine Nonne hilflos und wehrlos ausgesetzt sind, ist für diese jungen Menschen das Durchleben der Hölle auf Erden. Diese Nonne, Schwester Emanuela, wird im Verlauf der Handlung in sich steigender Form zum Synonym für brutalste Gewalt. Wie ein roter Faden zieht sich durch das Buch der langsame, körperliche wie auch seelische Verfall der Kinder: Am Anfang ihrer "Heim-Karriere" waren diese Kinder oft noch Kinder, auch wenn sie zuvor im Elternhaus misshandelt wurden. Doch im Verlauf ihres "Heim-Lebens" hat man sie durch die psychische, physische und verbale Gewalt ("Gott wird euch bestrafen; für euch ist nicht der Himmel, sondern die Hölle und das Fegefeuer bestimmt!"), aber auch durch medikamentöse Ruhigstellung, Stück für Stück ihrer Kindheit (und: Unschuld) beraubt! Diese "Kinder" haben die kindliche Spontanität verloren: Diese "Kinder" lachen nicht mehr, sie können nicht mehr glücklich sein und keine Gefühle zeigen. Aus der Innenwelt der (sexuell) missbrauchten Kinder heraus wird das hilflose Ausgeliefertsein, die tiefe gefühlsmäßige Abneigung durch die Erwachsenen, die großen Schmerzen und Ängste, die sich immer tiefer in die Kinderseelen hineinfressen, geschildert.

Aus dem Buch: "Wenn wir bedroht, bestraft, geschlagen, misshandelt wurden, so haben die Nonnen - stellvertretend - im Auftrag Gottes gehandelt: Es waren Gottes Worte, Gottes mahnende und aggressive Blicke, Gottes Hände, Gottes Füße, die uns beschimpften, demütigten, bestraften, prügelten. Es war Gottes Wille: Die uns auffressenden Ängste, Schmerzen, Trauer, Vereinsamung, die sich immer tiefer in unsere Seelen hineinbohrte und hineinfraß. Wir hatten unsere Kindheit Gott und seinem Sohn Jesus Christus zu verdanken."

 20. Mai 2003 · Kultur: Fernsehsendung: Glaube als Selbstbetrug?

Glaube - Lebenshilfe oder Selbstbetrug?

So heißt die nächste Sendung des Nachtcafés im SWR am Freitag, 23. Mai, 22.00 Uhr. Die Sendung wird am darauffolgenden Samstag um 8.45 Uhr wiederholt.

"Was hat der Mensch davon, wenn er glaubt? Gemeinschaft, Rückhalt, Lebenssinn - Religionen helfen Menschen ihr Leben zu meistern. Doch der Glaube kann auch krank machen. Im Name des Glaubens werden Kriege geführt und Menschen getötet. Führt der Glaube vielleicht doch nur in die Irre? Oder gibt es über den Gebrauchswert der Religionen hinaus einen höheren Sinn im kosmischen Ganzen?" so kündigt der SWR die Sendung an.

In Pressemitteilung des SWR zur Sendung heißt es: "Immerhin: Die Kirchenoberen registrieren wieder ein größeres Interesse an religiösen Themen. Von mehr Menschen wird wieder der kirchliche Segen zur Hochzeit gewünscht, und geistlicher Beistand hilft vielen Menschen aus Lebenskrisen heraus." Anhand von Zahlen lässt sich das jedoch nicht bestätigen. 1996 ließen sich noch 161.000 Paare kirchlich trauen, das waren schon nur noch knapp 38% aller Hochzeiten in Deutschland. Bis zum Jahr 2000 sank die Zahl auf 134.000 (32% aller Trauungen). Neuere Zahlen liegen nur von der Katholischen Kirche für das Jahr 2001 vor. Da sanken die kirchlichen Trauungen besonders drastisch um über 10.000 in einem Jahr!

Eingeladen zur Sendung ist u.a. der Psychologe und Buchautor Prof. Dr. Franz Buggle. Buggle ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) e.V.

In seinem Buch "Denn sie wissen nicht, was sie glauben. Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann" demonstriert Buggle durch Zitate, dass die Bibel ein zutiefst gewaltätig-inhumanes Buch ist, völlig ungeeignet als Grundlage einer heute verantwortbaren Ethik. Das Buch, das seit langem vergriffen ist, wird im November 2003 vom Alibri-Verlag neu aufgelegt (ca. 450 Seiten, kartoniert, ca. Euro 25, ISBN 3-932710-77-0). (H.J.)

==> mehr zur Sendung

 30. April 2003 · Religion: Weltliche Feiern liegen im Trend

Hochzeit...ganz ohne Kirche...geht denn das?

Sie sind kein Kirchenmitglied oder erwägen einen baldigen Kirchenaustritt? Sie fragen sich nun, wie Sie "ohne Kirche" festlich heiraten können? Rechtlich bedeutsam ist allein die standesamtliche Zeremonie. Nur noch weniger als ein Drittel aller Eheschließungen in Deutschland werden zusätzlich zur standesamtlichen Trauung auch von den Amtskirchen vollzogen. Tendenz stark fallend.

Daher erstaunt es, dass immer noch viele Menschen sich eine Hochzeitsfeier "ohne" nicht vorstellen können oder meinen, wenn man es romantisch haben möchte, könnten nur Pfarrer und Pfarrerin die richtigen Ansprechpartner sein.

Irrtum! Der Trend geht zur weltlichen Feier.

[mehr]

(H.J.)

 27. April 2003 · Kultur: Update: Veranstaltungshinweise

Der Humanist: Veranstaltungen und Aktionen

News-Archiv
36 | 35 | 34 | 33 | 32 | 31 | 30 | 29 | 28 | 27 | 26 | 25 | 24 | 23 | 22 | 21 | 20 | 19 | 18 | 17 | 16 | 15 | 14 | 13 | 12 | 11 | 10 | 9 | 8 | 7 | 6 | 5 | 4 | 3 | 2 | 1

Copyright © 1999-2000, Der Humanist
Sie sind Besucher Nr. seit dem 9.9.1999.