Der Humanist: Der Menschheit verpflichtet

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 23. November 2000 · Kultur: Doku über Tabakkonzerne erneut gestrichen

Die Sendung "die story: Das Nikotin-Kartell", die heute um 21:45 in der ARD ausgestrahlt werden sollte (siehe News), wurde nun zum zweiten Mal verschoben. Nachdem bereits am ersten Ausstrahlungstermin im WDR am 8. Oktober statt der brisanten Doku eine ältere Story über Pinochet gebracht wurde, durfte die Sendung auch heute nicht laufen - wegen Fußball. Neuer Ausstrahlungstermin ist der 25. Januar 2001. Abwarten .. (EMÖ)

 23. November 2000 · Politik: Katholizismus darf beschimpft werden

Alle großen Dinge beginnen als Gotteslästerung. - Georg Bernard Shaw

Seit 1983 ist der Katholizismus in Italien keine Staatsreligion mehr - eine Stellung, die noch aus faschistischer Zeit stammte. Trotzdem wurde nach dem Gesetz immer noch der Katholizismus bevorzugt geschützt. Beschimpfungen konnten mit bis zu einem Jahr Haftstrafe geahndet werden. Dieses Gesetz hat jetzt das höchste Gericht Italiens einkassiert. Nach Auffassung des Verfassungsgerichts hatte das Strafgesetz das Prinzip der Religionsfreiheit und -gleichheit verletzt. Der italienische Staat sei säkular und müsse in Religionsfragen unparteiisch sein. [1]

Die entgegengesetzte Richtung wollen die christlichen Unionsparteien in Deutschland einschlagen. In der Bundesrepublik schützt der so genannte "Gotteslästerungsparagraph" §166 Glaubensüberzeugungen und Religionsgemeinschaften vor Beschimpfungen - allerdings nur wenn der öffentliche Frieden gestört wird.

§166  Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen.
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (Paragraph 11 Abs.3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Und genau diese Bedingung - die Störung des öffentlichen Friedens - will die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit einem Gesetzesentwurf (Bundestagsdrucksache 14/4558) abschaffen. Niemand mehr soll Jesus ungestraft einen "Lattengustl" nennen dürfen ... denn bisher wurden die meisten Klagen von den Richtern niedergeschlagen, eben weil der öffentliche Friede nicht gestört sei.[2]

Neu ist das Begehren nicht. Es ist der übliche Kreis klerikaler Hardliner der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der in jeder Legislaturperiode - bislang vergeblich -  einen derartigen Vorstoß unternahm. Neu ist diesmal allerdings, dass die   Unionsfraktion selbst sich dieses Anliegen zu eigen macht und als Gesetzesentwurf herausgibt. Da die CDU/CSU sehr genau weiß, dass es dafür im Deutschen Bundestag gegenwärtig überhaupt keine Chance auf eine Mehrheit gibt, darf man die  Initiative als Reverenz der Union an die Kirchen und christlichen Fundamentalisten werten. Außerdem wird damit mal wieder  die angebliche Notwendigkeit von Zensur propagiert. Irgendwann könnte das geglaubt werden! (H.J.)

[1] Rheinpfalz, 21.11.00
[2] Pressedienst des deutschen Bundestages, 14.11.2000
Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes (Stärkung des Toleranzgebotes durch einen besseren Schutz religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen gemäß § 166 StGB) (Text im pdf-Format)

 20. November 2000 · Geld: EKD verweigert Tarifverträge

Update: "News zu Kirche und Geld" bei Kirchensteuer.de

Da wird u.a. darüber berichtet, wie

 17. November 2000 · Kultur: Das Nikotin-Kartell

Medientipps & mehr: Update

Im Juli letzten Jahres berichtete die britische Anti-Tabak-Lobby Action on Smoking and Health (ASH), dass die Tabakindustrie versucht mittels bestimmter Zusatzstoffe die Abhängigkeit von Nikotin zu steigern (siehe unsere Meldung vom 15.7.99 "Neu: Rauchen macht jetzt NOCH süchtiger". Am Donnerstag, 21.45 Uhr, sendet die ARD die Dokumentation "Das Nikotin-Kartell - Ein Mann packt aus". 'Sie verfügen über milliardenschwere Ressourcen, sie sind multinational, einflussreich - und sie kennen keine Moral. Das alles zusammen macht sie stark und gefährlich'. So ein Experte über die internationale Tabakindustrie, das größte 'legale Drogenkartell', dem alle Mittel recht sind, weltweit die Märkte zu halten. Dies bewies die Weltgesundheitsorganisation WHO jetzt in Genf, als sie mit Dokumenten belegte, wie die Tabakkonzerne jahrelang Experten gekauft und in die WHO geschleust hatten, um dem Kampf gegen das Rauchen die Wirkung zu nehmen. Die Doku berichtet über einen renommierten Wissenschaftler, der eine Ungeheuerlichkeit aufdeckte: Sein Arbeitgeber, die Brown & Williamson Tobacco Company, versetzte den Tabak mit chemischen Substanzen, die das ohnehin hohe Suchtpotenzial von Nikotin weiter erhöhten. (H.J.)

 15. November 2000 · Religion: Religionslehrer bekifft!

Manchmal geht's an religiösen Schulen doch recht lustig zu, wie auch wir Atheisten neidisch zugestehen müssen. Einen besonderen Spaß hatten sich die Schüler eines religiösen Gymnasiums in Jerusalem ausgedacht, um einen ihrer arg gestreßten Lehrer aufzumuntern. Sie backten Kekse. Gute Kekse! Mit viel leckerer Schokolade und noch viel, viel mehr leckerem Dope. Bei einem Klassenausflug boten sie ihm die Plätzchen an, der ahnungslose Lehrer griff gierig zu und verschlang neun dieser Leckerlies. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten, doch statt eines Wohlgefühls fühlte er sich plötzlich unpässlich, was bei der Menge ja auch kein Wunder ist. Der Lehrer begab sich vorsichtshalber in ein Krankenhaus und mußte sich dort von den Ärzten sagen lassen, daß er doch ziemlich stoned sei.

Die Ursache wurde schnell gefunden, doch der Lehrer und die Schulleitung fanden die Sache weniger witzig und so wurden anschließend zwölf der wackeren Keksebäcker von der Schule suspendiert.

Wer jetzt auch Hunger bekommen hat und Kekse backen möchte, wird auf dieser Seite fündig werden. Aber wir müssen Euch darauf hinweisen, daß auch hier in D der Verzehr solcher Plätzchen natürlich strengstens verboten ist! Unseren Besuchern aus der Schweiz und den Niederlanden wünschen wir aber einen guten Appetit. (T.S.)

[Qelle: yahoo, 14.11.2000 und dpa, 14.11.2000]

 12. November 2000 · Politik: Serbische Demokratie?

"Was ist das für eine Demokratie? Sie schmeckt nach Wodka, Drogen und
US-Dollars!". Genadij Sjuganow (Chef der kommunistischen Partei Russlands) über den Wahlsieg Vojislav Kostunicas in Serbien (H.F.)

[Quelle: Mitgliederrundbrief von Reporter ohne Grenzen e.V., Nr. 37, Oktober 2000]

 10. November 2000 · Kultur: Streicher, Luther und der Holocaust

Medientipps & mehr: Update

Am Montag, 23.15 Uhr, sendet SAT 1 die Spiegel TV Reportage "Der Judenhetzer: Julius Streicher und 'Der Stürmer'". Julius Streicher war als Herausgeber der antisemitischen Wochenschrift "Der Stürmer" verantwortlich für die schlimmste Hetzpropaganda und berüchtigt für sein korruptes und gewalttätiges Regime als Gauleiter von Franken. Den Alliierten galt er als Symbol für den nationalsozialistischen Judenhass. 1946 wurde er in Nürnberg zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Streicher berief sich in Nürnberg auf den Reformator Martin Luther, der ebenfalls in seinem Buch "Von den Juden und ihren Lügen" gegen die Juden hetzte. Daraus ein Zitat (dem heutigen Deutsch angepasst): "Erstens soll man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecken und, was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufen und zuschütten. Zum anderen soll man auch ihre Häuser zerbrechen und zerstören. Zum dritten soll man ihnen alle ihre Gebetbücher nehmen. Zum vierten soll man ihnen verbieten, bei uns öffentlich Gott zu loben, zu danken, zu beten, zu lehren, bei Verlust des Leibes und Lebens. Fünftens soll man den Juden das freie Geleit auf der Straße ganz untersagen. Sechstens soll man ihnen den Wucher verbieten und ihnen alle Barschaft und Kleinodien in Silber und Gold nehmen. Siebtens soll man den jungen, starken Juden und Jüdinnen Flegel, Axt, Spaten, Rocken und Spindel in die Hand geben und sie ihr Brot verdienen lassen im Schweiße des Angesichts ..." [1]

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat auf ihrer Synode in Braunschweig eine Erklärung abgegeben, in der sie ihre Mitschuld am Holocaust deutlicher bekennen will als bisher. In der "Erklärung von Weißensee" vor 50 Jahren hatte die EKD formuliert, sie sei "durch Unterlassung und Schweigen" mitschuldig geworden am Leid der Juden. Mittlerweile hätten Forschungen ein anderes Bild ergeben. In der neuen Erklärung bleibt es deshalb nicht beim Eingeständnis des Schweigens. Nun heißt es, die Evangelische Kirche sei auch durch "ihre unheilvolle Tradition der Entfremdung und Feindschaft gegenüber den Juden hineinverflochten in die Vorgeschichte und Ermöglichung der systematischen Vernichtung des europäischen Judentums." Die Kirche habe, so Synodenpräses Jürgen Schmude, durch "aktives Tun" zu der Katastrophe beigetragen. [1] (H.J.)

[1] Luthers Gesammelte Werke, WA - Weimarer Ausgabe
[2] Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 08.11.00

 7. November 2000 · Politik: Die Reportage: Erwin-Fischer-Preisverleihung

Am 14. Oktober verlieh der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) dem Ehepaar Ursula und Johannes Neumann den ersten Erwin-Fischer-Preis. Der nach dem 1996 verstorbenen Anwalt Erwin Fischer ("Staatskirche ade!") benannte Preis wird an Menschen verliehen, die sich in besonderem Maße für die Trennung von Staat und Kirche eingesetzt haben.

Der Humanist berichtet über die Preisverleihung.

 7. November 2000 · Kultur: Mystik, Okkultismus und Faschismus

Veranstaltungstipps: Update

Im rechtsextremen Lager nimmt eine pseudo-religiöse Argumentation immer mehr zu und esoterisch-religiöse Gruppen verzeichnen ein steigendes Interesse.

Sie heißen "Goden", "Armanen", "Artgemeinschaft", "Bund für Gotterkenntnis" und "Arbeitsgemeinschaft Nationaler Stämme Europas". Allein in der Bundesrepublik gibt es fast vierzig rassistisch-völkische Religionsgruppen.

Der Deutsche Freidenker-Verband Ostwürttemberg e.V. veranstaltet am 12. November in Winnenden einen Informationsabend mit Janka Kluge: "Mystik, Okkultismus und Faschismus". Anlass ist der geplante Bundesparteitag der "Republikaner" am 18./19. November 2000 in Winnenden. (H.J.)

 4. November 2000 · Kultur: Mörder und Moralapostel

Medientipps & mehr: Update

Am Sonntag, 17.30 Uhr, bringt die ARD eine Reportage über "Mörder und Moralapostel - Todesstrafe im US-Wahlkampf".

Besonders in Texas ist die Todesstrafe populär. Dort wird derzeit alle drei Wochen ein Mensch exekutiert - mit tatkräftiger Unterstützung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten George W. Bush, dem Gouverneur von Texas. Mehr als 70 Prozent aller Texaner, so ergab jüngst eine Umfrage, sind Anhänger der Todesstrafe - und bezeichnen sich in der Regel als Christen. Der Kirchgang gehört zum guten Ton. Und fundamentalistische Organisationen wie 'Probe', die mit Zitaten aus dem Alten Testament die texanische Hinrichtungsmaschinerie rechtfertigen, erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Ein Team des Westdeutschen Rundfunks hat sich in den Tagen des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs unter texanischen Christen umgeschaut, die auf der einen Seite vehement gegen die Abtreibung Position beziehen, auf der anderen Seite das Töten im Namen des Staates bejubeln. Wenn in Huntsville, dem berüchtigten Hinrichtungsgefängnis bei Houston, wieder einmal ein Mensch sterben muss, wird ein makabres Stück in Szene gesetzt: Christen demonstrieren für die Todesstrafe.

[Quelle: www.wdr.de]

Surftipp: "Die Religion der Todesstrafe", siehe unsere TEXTE der Rubrik RELIGION. (H.J.)

 1. November 2000 · Kultur: Computer sind Waffen, Kinder sind Pornos

Wenn man nach Deutschlands Jugendschützern gehen darf, ist ein Kind, das auf die Welt kommt, bereits ein wandelnder Porno. Nur so kann ich mir erklären, dass auch FKK-Bilder auf dem Index landen mit der Begründung, Kinder und Jugendliche könnten durch den Anblick nackter Altersgenossen (allerdings nur auf dem Foto, nicht in der Realität) pädophil werden. Dieses und andere Themen wurden auf der Tagung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) am 25. und 26. Oktober in Nürnberg diskutiert.

Einen ausführlichen Bericht über die Tagung in 2 Teilen habe ich für das Online-Magazin Telepolis verfasst: Computer sind Waffen, Kinder sind Pornos. (EMÖ)

 27. Oktober 2000 · Politik: Schwarze Liste veröffentlicht

Im Zusammenhang der Entschädigungszahlungen an die Zwangsarbeiter wollen wir natürlich auch die deutschen Wirtschaftsunternehmen nicht vergessen. Das ARD-Magazin "Kontraste" hat jetzt die "Schwarze Liste" zahlungsunwilliger Großunternehmen im Internet veröffentlicht. (H.J.)

==> "Schwarze Liste"

 27. Oktober 2000 · Kultur: Zwangsarbeiter der Kirchen

Medientipps & mehr: Update

Am Dienstag, 9.30 Uhr, sendet Hessische Rundfunk HR 2 eine Radiofeature über die "Späte Einsicht in eine dunkle Verstrickung - NS-Zwangsarbeiter und die Kirchen".

Jahrzehnte wurde darüber hinweg geschaut: Nicht nur Fabriken und Privathaushalte, auch kirchliche Einrichtungen hatten während der Nazizeit Zwangsarbeiter beschäftigt. Seit diesem Sommer laufen die Forschungen nach Zwangsarbeitern in der Kirche auf Hochtouren. Die Kirchen werden konfrontiert mit der Tatsache, auf ganz alltägliche Weise in Unrecht verstrickt gewesen zu sein. Das Feature fragt, inwiefern die Spezialisten für Schuld und Sühne bereit sind, sich dem Schmerz eigener Verfehlungen auszusetzen.

Die katholische Kirche in Deutschland stellt fünf Millionen Mark für die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern bereit, die in katholischen Einrichtungen arbeiten mussten. Mit weiteren fünf Millionen will sie die Versöhnungsarbeit kirchlicher Organisationen fördern. Am Entschädigungsfonds der deutschen Wirtschaft und des Staats beteiligen sich die Katholiken nicht. Was im Gesetzentwurf zur Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" stehe, treffe "die Situation der Fremdarbeiter in katholischen Einrichtungen keineswegs", so Bischof Lehmann. Da heißt es: "Sklaven- und Zwangsarbeit bedeutete nicht nur das Vorenthalten des gerechten Lohnes. Sie bedeutete Verschleppung, Entrechtung, die brutale Missachtung der Menschenwürde." Recherchen im katholischen Bereich zeigten aber, dass Zwangsarbeiter dort "in den meisten Fällen ordnungsgemäß nach Tarif entlohnt" worden seien, dass sie Kost und Unterkunft erhalten hätten und seelsorgerlich betreut worden seien. "Fälle von Ausbeutung oder zwangsweise zu leistender Schwer- oder Schwerstarbeit sind bisher nicht belegt", sagte Lehmann. Man ist überzeugt, die Arbeiter wären durchweg gut behandelt worden. [1]

Sätze aus einem Bericht über ein gemeinschaftlich betriebenes kirchliches Zwangsarbeiter-Lager in Berlin, deren Insassen für 26 evangelische und zwei katholische Friedhöfe tätig sein mussten, lässt anderes vermuten. Dort heißt es am 19. März 1945:

"Die nachstehend genannten fünf Ostarbeiter sind infolge ihres körperlichen Zustands für die zu verrichtenden Arbeiten auf Friedhöfen nicht mehr verwendbar." Sie haben Knochenbrüche, allgemeine Schwäche, Herzerweiterung. "Wir bitten daher um Zuweisung der Genannten an eine entsprechende Sammelstelle, da diese nur im Lager liegen und die Plätze für arbeitsfähige Männer wegnehmen." Es grüßt mit "Heil Hitler" der Lagerführer Gustav Wenger. [2]

Auf diese Weise Ausgemusterte kamen üblicherweise ins Vernichtungslager - die "entsprechende Sammelstelle".

[1] Frankfurter Rundschau, 30.08.00
[2] Süddeutsche Zeitung, 14.07.00

 20. Oktober 2000 · Kultur: Dokumentation "Holokaust"

Medientipps & mehr: Update

Wöchentlich jeden Dienstag, 20.15 Uhr, zeigt das ZDF eine neue Dokumentationsreihe üben den "Holokaust" im Dritten Reich. Die Reihe steht unter dem Patronat von Simon Wiesenthal, Gründer des jüdischen Dokumentationszentrums in Wien. Er misst dem Projekt höchste Bedeutung bei: "Diese Dokumentation ist das Vermächtnis von Millionen Opfern."

Ein älterer Herr schrieb mir kürzlich aus seinen Erinnerungen an die damalige Zeit:

"Im März 1933, anlässlich meiner Konfirmation predigt der Pfarrer von der Kanzel: 'Wir danken Gott, dass wieder gottesfürchtige Männer an der Regierung sind!' " (H.J.)

 19. Oktober 2000 · Geld: News zu "Kirche und Geld"

Unser Projekt "www.kirchensteuer.de" verfügt über eine neue Rubrik. Dort werden ab sofort News aus dem Themenkreis "Kirchenfinanzierung / Kirchliche Einrichtungen" dokumentiert.

Das Stöbern lohnt sich schon... (H.J.)

 15. Oktober 2000 · Politik: Keine signifikanten psychischen Probleme durch Schwangerschaftsabbruch!

Eine noch unveröffentlichte Schweizer Studie bestätigt, was in der internationalen Fachliteratur längst erhärtet ist: Psychische Folgen nach einem Schwangerschaftsabbruch sind selten.
In Genf wurden 103 Frauen 6 Monate nach dem Abbruch befragt. 10% hatten psychische Probleme, die allerdings nicht unbedingt eine Folge des Abbruchs waren, sondern ebenso mit ihrer schwierigen Lebenssituation zusammenhingen. (10% psychisch Angeschlagene finden sich auch in der "normalen" Bevölkerung. 10-15% aller Mütter leiden an einer Depression nach einer Geburt.)

Die Befragung zeigte auch, dass sich Frauen nicht unter dem Druck der Umgebung zum Schwangerschaftsabbruch entschliessen, sondern aus freiem Entscheid. Sie wollen ihre Lebensperspektiven nicht aufgeben oder ein Kind nicht in eine nicht tragfähige Beziehung hinein zur Welt bringen. (H.F.)

[Quelle: Rundschau „Schweizerische Vereinigung für Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs"]

 12. Oktober 2000 · Kultur: Nicht zu glauben ist normal

Medientipps & mehr: Update

"Was glauben junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren?" fragten die Interviewer der Shell-Studie "Jugend 2000". Die Antworten sind für die christlichen Kirchen erschreckend: Nur noch eine Minderheit gehört einer Kirche an, noch weniger sehen ihr Glaubensbild im christlichen Glauben wiedergegeben.

Der NDR 3 fragt am Sonntag, 8.40 Uhr, in der Radiosendung "Nicht zu glauben ist normal -Wie junge Menschen es mit der Religion halten": Ist das derAnfang vom Ende einer christlich geprägten Gesellschaft?

In der Präambel der gerade neu verfassten EU-Grundrechtecharta ist übrigens, trotz aller weltanschaulicher Pluralität und über zweihundert Jahre nach der Zeit der Aufklärung, vom "geistig-religiösen Erbe" die Rede. Auf diese Formulierungsänderung - in der ursprünglichen, französischen Fassung war nur von "spirituel" die Rede - haben die deutschen, christlichen Parteien gedrungen. Einen Gottesbezug wie im deutschen Grundgesetz haben sie allerdings nicht durchsetzen können. (H.J.)

 8. Oktober 2000 · Wissenschaft: Harmlose Mobilfunkstrahlung?

Der Absatz boomt. Viele Deutsche wollen ein Mobilfunktelefon (Handy). Doch die für die Nutzung der Geräte notwendigen Antennen wollen nicht mehr alle Betroffenen klaglos in der Nähe ihres Wohnortes aufstellen lassen.
Bisher kamen die Mobilfunkbetreiber mit Radien von 500 Metern um die Anlagen aus, da der bisherige GSM-Standard (Global Standard Mobile Telephon) primär für den „Sprachgebrauch“ ausgelegt war.
Doch jetzt rauscht es wieder besonders heftig im Antennenwald, denn das zukunftsträchtige UMTS (Universal Mobile Telephon System) erfordert ein dichteres Netz von ganz neuen Sendeanlagen, damit größere Datenmengen - z.B. Bilder, Videosequenzen - technisch einwandfrei übertragen werden können. Für diese UMTS-Anlagen verkürzen sich die Radien der Sendeanlagen auf etwa 250 Meter.
Gegen Mobilfunkmasten, die demnächst wie Spargel aus den Dächern der Häuser sprießen werden, machen immer mehr Bürgerinitiativen mobil (daher wohl auch der Name MOBILfunk). Die Sorgen der Bürger gelten vor allem den gesundheitlichen Auswirkungen der elektromagnetischen Felder.

Nun hat auch das bayerische Umweltministerium eine so genannte Rinder-Studie in Auftrag gegeben. Anlaß waren Fälle von Mißbildungen und Fehlgeburten bei Rindern auf einem Bauernhof im oberbayerischen Schnaitsee. Dieser landwirtschaftliche Betrieb steht in unmittelbarer Nähe einer leistungsstarken Mobilfunk-Basisstation. Entgegen laut gewordenen Vorwürfen, die Ergebnisse der Studie würden unter Verschluß gehalten, verweist das Umweltministerium auf die Fertigstellung des Gutachtens bis Anfang Dezember zu einem Mobilfunk-Hearing im Bayerischen Landtag. Dennoch gelang es REPORT MAINZ Teilergebnisse dieser Studie zu veröffentlichen. Demnach verhalten sich Tiere auf Bauernhöfen in der Nähe von Mobilfunkanlagen signifikant anders als Tiere auf Höfen ohne Strahleneinfluss.
Die untersuchenden Wissenschaftler stellten insbesondere ein verändertes Weide-, Futter- und Liegeverhalten fest. Die Ergebnisse, so die Wissenschaftler, weisen auf „Zusammenhänge zwischen Strahlenexposition und Verhalten hin.“ Sie vermuten, „dass die Strahlenwirkung einer chronischen Stressbelastung ähnelt.“ REPORT MAINZ hat auch erfahren, dass die Zahl der Mißbildungen in der Nähe von Mobilfunkstationen erheblich höher sein soll als bei Rinderbeständen auf Höfen ohne Mobilfunkstrahlung.
Bereits vor wenigen Wochen warnte Klaus Schlaefer vom deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg in einem Interview, dass Kinder nicht zu viel mit Handys telefonieren sollten. Es sei zwar unwahrscheinlich, dass elektromagnetische Strahlen Tumore verursachen, jedoch sei es durchaus möglich, dass sich bereits bestehende Tumore durch die Wellen schneller entwickeln.

„Schaun`mer mal“ (O-Ton Franz Beckenbauer), was am Ende die offizielle Studie des Umweltministeriums noch alles beinhaltet und wie vehement mögliche Restriktionen gegen die Masten der Mobilfunkindustrie durchgesetzt werden - denn pikanterweise sind die neuen UMTS-Masten baurechtlich genehmigungsfrei, da sie nicht höher als zehn Meter sind. (H.F.)

[Quellen:
Tageszeitung Nürnberger Nachrichten, vom 07./08.10.2000
Naturkostmagazin "Schrot & Korn", Oktober 2000
http://nachrichten.br-online.de, vom 07.09.2000]

 7. Oktober 2000 · Politik: Christlich ist antihomosexuell

Wer sich Christ nennt, darf gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht unterstützen. Das meint zumindest der Erzbischof von Köln, Kardinal Meisner. Der langjährige Schwulen-Hasser forderte die Unionsparteien auf, das "C" im Namen zu streichen, wenn sie das "Anti-Ehe und Famileingesetz" der SPD zur teilweisen Legalisierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften unterstützten: "Wenn die CDU da fällt, dann sollte sie das 'C' ablegen." CDU und CSU hätten ein "nebulöses christliches Menschenbild", das sich nicht am christlichen Gottesbild orentiere. [1]

Dieses Weltbild teilt Meisner mit anderen Fundamentalisten [2], die sich zu Recht auf Bibelverse wie den folgenden berufen:


"Und wenn ein Mann bei einem Mann liegt, wie man bei einer Frau liegt, [dann] haben beide einen Greuel verübt. Sie müssen getötet werden, ihr Blut ist auf ihnen." (3. Mose, 18:22)

Insofern sollten sich CDU und CSU vielleicht tatsächlich DU und SU nennen. Auf der anderen Seite fordert auch die katholische Kirche ja nicht die Todesstrafe für Homosexuelle, und Heuchelei und Lügen gehören seit jeher zu ihrem PR-Instrumentarium (man lese z.B. den Pfaffenspiegel). Insofern könnte man argumentieren, dass sich CDU/CSU spätestens seit ihrer jüngsten Finanzaffären die Verwendung des "C" im Namen auch für die nächsten Jahrzehnte verdient haben. (EMÖ)

[1] AP, 7.10.00
[2] z.B. God Hates Fags, PBC oder Neues und Altes

 6. Oktober 2000 · Kultur: Ethik der Gentechnik

Medientipps & mehr: Update

Vor einigen Tagen wurde in den USA ein Kind geboren, das als Embryo gentechnisch ausgewählt wurde, um seiner erbkranken Schwester als Knochenmarkspender das Leben zu retten. (WAZ, 05.10.00)

Greenpeace berichtete gestern über die Implantierung menschlicher Zellkerne in Eizellen von Schweinen durch australische und amerikanische Gentechniker. Dieses Verfahren wurde bereits im Oktober 1998 in den USA zum Patent angemeldet.

Am Dienstag, 22.15 Uhr, sendet ARTE einen Themenabend zur Gentechnik: "them@ 2: Die GenRevolution zwischen Markt, Mystik und Forschung". (H.J.)

 2. Oktober 2000 · Kultur: Erste Erwin-Fischer-Preis-Verleihung

Veranstaltungstipps: Update

Am 14. Oktober, 20.15 Uhr, wird im Jugendhof Bessunger Forst in Roßdorf (Nähe Darmstadt) erstmals der Erwin-Fischer-Preis vergeben. Mit dem Preis will der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA e.V.) besondere Verdienste oder herausragenden Einsatz für die Trennung von Staat und Kirche, von Politik und Religion auszeichnen.

Die ersten Preisträger sind die Psychologin Ursula Neumann und der Kirchenjurist Prof. Dr. Johannes Neumann, die den Erwin-Fischer-Preis für ihre Lebensleistung und das Engagement gegen den Zwangsethikunterricht als "Ersatz"fach für konfessionellen Religionsunterricht erhalten. Zusammen mit ihrem Sohn sind sie im Land Baden-Württemberg den gerichtlichen Weg gegen die Teilnahmepflicht am Ersatzfach Ethik gegangen.

In diesem Verfahren ging es um folgende Fragen:

1.) Darf der Staat einen konfessionslosen Schüler zur Teilnahme an einem "Ersatzfach" für den Religionsunterricht verpflichten?

2.) Darf der Staat dieses "Ersatzfach" so gestalten, dass die Schülerinnen und Schüler, die daran teilnehmen (müssen) gegenüber den Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Religionsunterricht benachteiligt werden?

3.) Darf der Staat unter Verletzung des Gebots zur weltanschaulichen Neutralität ein Schulfach einrichten, mit dem teils ausdrücklich erklärten, teils offensichtlichen Ziel, die Teilnehmerzahlen am Religionsunterricht zu stabilisieren?

Die Begründung ihrer Klage haben die Neumanns in einem lesenswerten Brief schriftlich festgehalten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, jedoch die diskriminierende Praxis des Ethikunterrichts bemängelt und den Landesbehörden konkrete Verbesserungen vorgegeben. Die grundrechtlichen Fragen sind weiterhin unentschieden, da das Bundesverfassungsgericht die dort angestrengte Verfassungsklage aus formalen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen hat.

Der Preis ist benannt nach dem Anwalt Erwin Fischer (1904-1996), der als erster Jurist die enge Verflechtung von Staat und Kirche in der Bundesrepublik auf der rechtlichen Ebene kritisierte und die Interessen von Konfessionslosen vor Gericht vertrat. So brachte er 1959 die Verfassungsbeschwerde eines im so genannten Rentenkonkubinat lebenden Paares vor das Bundesverfassungsgericht. 1965 erreichte er einen BVerfG-Beschluss, wonach die gesetzlichen Bestimmungen, welche die Kirchensteuer eines Angehörigen einer steuerberechtigten Religionsgesellschaft unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten bemessen und diesen für die Bezahlung in Anspruch nehmen, auch wenn dieser kein Mitglied der betreffenden Kirche ist, als verfassungswidrig einzustufen sind.

Mit seinem Buch "Trennung von Staat und Kirche", das 1964 erstmals erschien, formulierte er präzise seine Zielvorstellung einer modernen Gesellschaft, in der es keine Privilegien für bestimmte Religionsgemeinschaften mehr geben sollte. Damit wurde er zu einem der Vordenker für eine Reform des so genannten Staatskirchenrechts - die bis heute nicht erfüllt ist. (H.J.)

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