Der Humanist: Der Menschheit verpflichtet

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 16. März 2001 · Kultur: Oh Gott, noch 'ne Pfarrerserie...

Medientipps & mehr: Update

Am Samstag Mittag, 12.10 Uhr, startet VOX eine neue Pfarrerserie aus den USA: "Ein ganz normaler Heiliger". Der Original-Titel lautet übrigens "Nothing Sacred" - das hört sich doch schon ganz anders an. Und so ist die Serie auch in gewissen Kreisen recht umstritten. In den USA waren die Katholiken empört und die Kritiker begeistert. Vor einigen Monaten hatte VOX übrigens den Start der Serie kurzfristig abgesetzt. Nun kommt sie doch, allerdings auf eine publikumsarme Sendezeit verschoben.

In der ersten Folge "Proofs For The Existence Of God" - sorry, aber die deutschen Titel sind einfach nichtssagend ("Intime Beichten") - muss sich der Pfarrer u.a. auf eine Predigt zum Thema Gottesbeweise vorbereiten. (H.J.)

 14. März 2001 · Kultur: Veranstaltungshinweise

Veranstaltungshinweise: Update

 1. März 2001 · Politik: Ausweitung der Kampfzone

„Die Menschen können nicht ständig neue Witze erfinden, ebensowenig, wie sie sich andauernd neue Religionen oder poetische Stile ausdenken können. Daher die Traditionen.“
(Aldous Huxley: Essays)


Mainz bleibt Mainz, selbst wenn es lacht, so oder so ähnlich heißt es alljährlich. Man nimmt es schon gar nicht mehr wahr. Wer braucht noch diese verwesten Gagausscheider, die Jahr für Jahr ihren Grüften mit den Bartwickelmaschinen für die veralteten Kalauer entsteigen, wenn der Comedy-Wahn tagtäglich von allen Kanälen dröhnt? Für den Lacher des Tages verhökert man die Großmutter, wenn es sein muß, auch Schlimmeres. Klar, daß bei dieser TV-Totalisierung der Gesellschaft auch der Genagelte den einen oder anderen Hieb einstecken muß. Würde unsereinen nicht kümmern, aber so manch anderer tickt da noch etwas gestrig. Und so treiben rechtzeitig zur fünften Jahreszeit die Polit-Narren wieder ihr Unwesen.

Weil CDU und CSU den Eindruck haben – sie können es nicht beweisen, sie haben halt nur so den Eindruck –, daß die Verletzungen religiöser Gefühle „ganz eindeutig“ zunähmen, legten die oppositionellen Scherzkekse am 14. November 2000 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gotteslästerungs-Paragraphen 166 des Strafgesetzbuches (StGB) vor. Ein ganz besonderer Dorn im Auge der Konservativen ist die Formulierung „geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören“. Diese Umschreibung sei in der ursprünglichen Gesetzesfassung nicht enthalten gewesen. Sie sei erst in den 60er Jahren eingefügt worden. Darauf wies der CDU-Rechtsaußen, ähem, -politiker Rupert Scholz hin. Eine Entscheidung, die nicht nur falsch, sondern auch schädlich gewesen sei und deshalb nun „repariert“ werden müsse. Denn der manische Mechaniker der Paragraphen-Maschinerie sieht im Schutz des religiösen Bekenntnisses ein „ganz entscheidendes Individualrechtsgut“. Was ein nicht unerheblichen Unterschied zum kollektiven Rechtsgut des öffentlichen Friedens darstellt.

Düstere Zeiten für Religionskritiker, deren schärfste Waffe die Satire ist. Wenn der öffentliche Friede nicht mehr gestört werden muß, um strafrechtlich belangt zu werden, reicht ein falscher Satz und eine „durch Form und Inhalt besonders verletzende Äußerung der Missachtung“ von religiösen Bekenntnissen wäre gegeben. Diese subjektiv sehr weit auslegbare Formulierung sieht der Gesetzentwurf der CDU/CSU vor. Klingt etwas geschwurbelt, weil damit ein Konflikt mit der im Grundgesetz verankerten Meinungs- und Kunstfreiheit umgangen werden soll.

Margot von Renesse, SPD, hat Verständnis für vieles. Auch für die geplante Gesetzesverschärfung der CDU. Die Angriffe auf die Religionen, vorrangig der christlichen, äußern sich heutzutage in einer für sie „unangenehmen Art“. Trotzdem rät von Renesse von einer Ausweitung des Strafrechts ab. Das mit der Störung des öffentlichen Friedens sei in den 60er Jahren schließlich bewußt eingeführt worden, „um nicht jedes Privatgespräch unter das Strafrecht fallen zu lassen“. Und warnte in diesem Zusammenhang vor der „Strafrechtskeule“. Von Martin Walsers „Auschwitzkeule“ zu von Renesses „Strafrechtskeule“. Wo das Vokabular versagt, hat das Hirn längst kapituliert.

Bleibt abschließend anzumerken, daß der Bundestag am 08. Februar 2001 in erster Lesung über den Entwurf beriet. Er wurde abgeschmettert – vorläufig. (C.B.)

[Quellen: Frankfurter Rundschau, 06.02.2001; die tageszeitung, 26.02.2001]

 25. Februar 2001 · Politik: Folgen des Abtreibungsverbots in Polen

Seit 1993 ist in Polen - mit einem kurzen Intermezzo 1997 - ein restriktives Abtreibungsgesetz in Kraft. Seither sind Frauen in den Untergrund gedrängt. Gemäss einem Bericht der polnischen "Föderation für Frauen und Familienplanung" werden die illegalen Abtreibungen auf mindestens 80.000 bis 200.000 geschätzt.
Ab 1956 war in Polen der Schwangerschaftsabbruch liberal geregelt. Ein Abbruch aus sozialen Gründen war erlaubt und wurde an öffentlichen Kliniken kostenlos durchgeführt. Familienplanung wurde hingegen vom Staat kaum gefördert und war für viele Polinnen schwer zugänglich. Schwangerschaftsabbruch war daher eine gebräuchliche Methode der Geburtenregelung. Nach dem Niedergang des kommunistischen Regimes wurde 1993, unter dem erstarkten Einfluss der katholischen Kirche, der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch gesetzlich radikal eingeschränkt. Betrug die Zahl der registrierten Schwangerschaftsabbrüche vor 1990 um die 100.000 pro Jahr, so sank sie 1994 auf gerade noch 782 - offiziell. 1994 verhinderte Präsident Walewsa mit seinem Veto die vom neu zusammengesetzten Parlament beschlossene Rückkehr zu einem liberalen Gesetz. Nach seiner Abwahl konnte sich das Parlament durchsetzen, doch wurde die beschlossene Revision 1997 vom konservativen polnischen Verfassungsgericht für ungültig erklärt. So ist seit 1998 der Schwangerschaftsabbruch wieder nur aus streng medizinischen Gründen sowie wegen Vergewaltigung oder Missbildung des Fötus erlaubt. Die offizielle Statistik weist für 1999 noch 151 Eingriffe aus Oft erhalten nicht einmal Frauen mit gravierenden medizinischen Problemen die Erlaubnis zum Abbruch. Viele öffentliche Kliniken verweigern jeglichen (auch legalen) Eingriff.

Die "Föderation für Frauen und Familienplanung" hat 1999 mit breit angelegten wissenschafltich durchgeführten Befragungen von Ärzten, Pflegepersonal und Frauen die Auswirkungen des Abtreibungsverbotes erforscht. In ihrem Forschungsbericht kommt sie zum Schluss, dass es in Polen einen florierenden "schwarzen Markt der Abtreibung" gibt und dass die Zahl der illegalen Eingriffe mit mindestens 80.000 zu beziffern ist, was annähernd der Zahl der Abbrüche vor 1990 entspricht.
1 Prozent der 210 befragten Frauen gaben eine Abtreibung im vergangenen Jahr zu. Hochgerechnet auf das ganze Land ergäbe dies rund 90.000 Abtreibungen, bei einer Geburtenzahl von 400.000.
Es ist allgemein bekannt, dass an Privatkliniken und in Praxen illegal Abtreibungen durchgeführt werden, zum Teil zu Wucherpreisen. Frauen, die es sich leisten können, fahren auch ins Ausland: Russland, Deutschland oder auch Holland, wo allein mehrere 100 Polinnen behandelt wurden.

Vielfach werden auch Laien- oder Selbstabtreibungen vorgenommen, wenn das Geld für die Privatklinik fehlt. Den meisten der befragten Krankenschwestern waren Fälle von Komplikationen aus solchen nicht professionellen Eingriffen bekannt. Die Zahl der nach der Geburt in der Klinik zurückgelassenen Kinder hat sich von 252 im Jahr 1993 auf 737 im Jahr 1999 fast verdreifacht. Die Geburtenrate (Fertilität) ist - entgegen der Hoffnung der Regierung - nicht gestiegen, sondern weiter gesunken und gehört mit 1,4 Kindern pro Frau heute zu den niedrigsten in ganz Europa.
Die Befragung ergab ferner, dass das Wissen der Bevölkerung über Verhütung sich verbessert hat, dass aber Vorurteile und Fehlinformationen noch weit verbreitet sind. Vielen Frauen bleibt der Zugang zu den verlässlichen aber relativ teuren Verhütungsmitteln aus finanziellen Gründen verwehrt. Nur rund acht Prozent der Frauen nehmen die Pille. 25 Prozent wenden unsichere Methoden an (Coitus interruptus, Kalender-Methode). Sterilisation ist in Polen verboten. Bedauerlich ist weiterhin, dass seit 1999 Sexualerziehung an den Schulen nicht mehr obligatorisch ist und dass die staatlich zugelassenen Unterrichtsmaterialien lückenhafte und falsche Informationen über Verhütung, namentlich die Pille enthalten.

"Wie der Klerus doch, was er im Mutterschoss schützt, preisgibt im Krieg; als sammelte er in Weiberbäuchen – Kanonenfutter"

(H.F.)

[Quellen:
- Rundschau Februar 2001 der „Schweizerischen Vereinigung für Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs"
- Karlheinz Deschner, "Nur Lebendiges schwimmt gegen den Strom", Lenos Basel 1998].

 23. Februar 2001 · Kultur: Junge Nonnen bei Türk

Medientipps & mehr: Update

Am Dienstag hat Andreas Türk in seiner Talksendung um 15.00 Uhr junge Nonnen zu Gast. Einige wenige gibt es wohl immer noch. Titel der Sendung: "Junge Nonnen berichten - Darum habe ich mich für Gott entschieden".

Karlheinz Deschner hat einmal treffend gesagt: "Es gibt kaum einen traurigeren Anblick als eine junge Nonne - ausgenommen eine alte." Womit er durchaus Recht hat, wie die Erlebnisse einer älteren, ehemaligen Ordensangehörigen zeigen, über die 1999 die Sendung Kontraste berichtete.

Dort ging es darum, dass der abtrünnigen Nonne im Alter die Sozialhilfe droht, weil der Orden nicht für ausreichende Rentenversicherung sorgte - und das, obwohl die Dame lange Zeit als Religionslehrerin an einer öffentlichen Schule gearbeitet hat und der Staat dafür den Orden bezahlte.

Die Nonne: "Der Wert, so die Bedeutung meiner Person als Mitschwester, als Schwester, die dreiundvierzig Jahre in dieser Gemeinschaft gearbeitet hat. Was war ich? Eine Null, ein... ein Dreck war ich..."

Der vollständige - sehr lesenswerte - Text der damaligen Reportage hat die Humanistische Aktion veröffentlicht: Altersversorgung bei Nonnen. Nach dem Austritt droht die Sozialhilfe. (H.J.)

 18. Februar 2001 · Geld: Kirchensteuer zurückfordern!

Wichtige Mitteilung für (ehemalige) Kirchenmitglieder in Schleswig Holstein:

Die schleswig-holsteiner Kirchenmitglieder können - zumindest für das Jahr 2000 - Kirchensteuer zurückverlangen. Dies ergibt sich aus einem Bescheid des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Januar 2001 (BverwG 11B64.00). Sollten alle Kirchensteuerzahler von ihrem Recht Gebrauch machen, müsste die Kirche allein für das Jahr 2000 mindestens 40 Millionen Mark zurückzahlen.

Hintergrund ist ein Rechtsstreit zwischen der Nordelbischen Kirche und Elfriede Reth aus Schönwalde am Bungsberg: Seit 1994 verweigert die Ostholsteinerin die neunprozentige Kirchensteuer, weil in Hamburg nur acht Prozent gefordert wurden. Zu Recht, wie das Oberverwaltungsgericht in Schleswig im vergangenen Sommer entschied. Die unterschiedlichen Hebesätze innerhalb einer Gliedkirche seinen nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar und daher verfassungswidrig. Folge: Seit dem 1. Januar 2001 gilt in Hamburg und Schleswig-Holstein ein einheitlicher Steuerhebesatz von neun Prozent.

Trotzdem legte die Kirche Revision gegen diese Entscheidung ein. Begründung: "Staatskirchenrechtlich halten wir es für nicht hinnehmbar, dass ein Verwaltungsgericht kirchliche Gesetze verwirft. Das kann unserer Meinung nach nur ein Kirchengericht oder das Bundesverfassungsgericht ..... Gegen diesen Makel, die Kirche habe jahrzehntelang verfassungswidrig zuviel Kirchensteuer festgesetzt, möchten wir angehen" (Nordelbisches Kirchenamt 70004 -S I, Lübeck, den 21.Sept. 2000/L)

Mit anderen Worten: Die Kirche will ihre Beitragsordnungen nicht wie Beitragsordnungen behandelt wissen, sondern gleichgestellt staatlicher Gesetze. Fühlen sie sich doch als Staat im Staate!

Dieser Versuch der Revision wurde jetzt vom Bundesverwaltungsgericht in Berlin gestoppt. Damit ist das Schleswiger Urteil rechtskräftig - mit allen seinen finanziellen Konsequenzen. Das Urteil berechtigt nicht nur die Klägerin, sondern auch alle anderen Kirchensteuerzahler zu einer Rückforderung. Und zwar für alle Steuerbescheide, die noch anfechtbar sind. Auf jeden Fall kann noch bei dem kommenden Steuerbescheid für das Jahr 2000 gegen die Kirchensteuer Einspruch erhoben werden. Nach Ansicht des Rechtsanwalts Wolfgang Clausen aus Kiel kann sogar die gesamte Kirchensteuer zurückgefordert werden, weil "es bis zum Jahr 2001 ja überhaupt kein gültiges Kirchensteuergesetz gab." (H.J.)

[Quelle: Kieler Nachrichten, 7.02.01]

 16. Februar 2001 · Politik: Medientipps und mehr

Medientipps & mehr: Update

 16. Februar 2001 · Religion: "Sind Christen kriegsbereiter als Nichtchristen?"

... lautete ein Beitrag von Dr. Hans-E. Bosse, Theologe und Soziologe, ehemaliger wissenschaftlicher Assistent bei der Evangelischen Kirche Deutschlands. Darin schrieb er bereits im Jahre 1969:
"Eine Untersuchung des Kanadiers Laulicht führte zu folgenden Ergebnissen: 'Mitgliedschaft in Kirchen mit stark entwickelter Dogmatik ist deutlich verbunden mit der Billigung grösserer militärischer Streitkräfte. Mitglieder solcher Kirchen stehen der Verbreitung von Atomwaffen oft positiv, jedenfalls nicht ablehnend gegenüber. Zu einer Politik der friedlichen Koexistenz verhalten sie sich in der Regel misstrauisch, manchmal ausgesprochen feindselig.
Sowohl für die Elite wie für die allgemeine öffentliche Meinung gilt, dass man Verfechter der Abrüstung zahlreicher unter den Ungläubigen und nur nominellen Kirchenmitgliedern findet als unter treuen Kirchgängern der Kirchen mit reich entwickelter Dogmatik. Es ist auffallend, dass Christen, die eine geringere Bindung an die Kirche (am Kirchenbesuch gemessen) aufweisen, stärker an eine persönliche Verantwortung für den Frieden glauben als jene mit einer starken Bindung'".
Bosse zitiert aus aus einer weiteren kanadischen Studie, "dass Religiosität ebenso wie der Nationalismus, Konservatismus und Militarismus eine besondere Affinität zur Gewalt hat". Alle diese vier ideellen Einstellungen lassen "eine fast instinktive Bereitschaft" erkennen, so heißt es in der Studie, "Gewalt anzuwenden oder mit Gewalt und Strafe zu drohen. Beides soll dazu dienen, menschliches Verhalten zu kontrollieren und Konfliktsituationen zu lösen...".
Eine ähnliche Gewaltfixierung beobachteten die Autoren auch bei verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen: neurotische Zuüge, Extravertiertheit, Menschenhaß und strenge Diszipliniertheit als Kindheitserbe lassen ebenfalls jeweils eine Gewalt- und Strafbereitschaft erkennen.
Völlig vernichtend dargestellt ist ferner, dass im Rahmen der kanadischen Untersuchungen das Christentum – die Religion der Liebe und Barmherzigkeit – hier gerade auf der Gegenseite, nämlich auf der Seite der Zwangsfixierung (compulsion) erscheint, während Nichtchristlichkeit zusammen mit Internationalismus, Kenntnis internationaler Angelegenheiten und sozialer Verantwortung unter ihren Leitwerten "Mitleid" (compassion) als Gegenbegriff zu "Zwang" aufgeführt wird.

Gerade aus diesen Erkenntnissen heraus sind die Äusserungen der Kirchen während der Bombadierung Jugoslawiens eher "verständlich".
"Hat eigentlich die Skepsis auf die Schlachtfelder geführt oder der Glaube?" (K. Deschner)

(H.F.)

[Quellen:
Hans-E. Bosse, "Sind Christen kriegsbereiter als Nichtchristen? Ergebnisse psychologischer und soziologischer Freidensforschung und kirchliche Aufgaben der Erziehung zum Frieden" in Zukunfts- und Friedensforschung (Hg.), Hannover 1/1969.
Monatszeitung "Graswurzelrevolution", Nr.: 255 vom Januar 2001, "Antimilitarismus". "Thesen zur Zukunft der Friedensbewegung nach dem Nato-Krieg gegen Jugoslawien".
Karlheinz Deschner, "Nur Lebendiges schwimmt gegen den Strom", Lenos Basel 1998].

 12. Februar 2001 · Religion: Congratulations! ... oder die Würde, ein Kardinal zu sein

Am 21. Februar ernennt Papst Johannes Paul II., um die Wählerschaft seiner Nachfolge besorgt, etliche neue Kardinäle. Einer davon ist der Paderborner Erzbischof Degenhardt. Die Liste der Gratulanten aus aller Welt ist lang, und auch die deutsche Politik mochte im allgemeinen Jubel nicht abseits stehen.

In einem Glückwunschtelegramm schreibt Bundespräsident Johannes Rau: "Oft konnte ich aus der Nähe erfahren, mit welchem Engagement und mit welcher inneren Festigkeit Sie Ihr bischöfliches Amt ausüben. Ich möchte Ihnen meinen großen Respekt bekunden für Ihr Wirken und für Ihre Weise, den Glauben zu bezeugen". Im Glückwunschschreiben von Bundeskanzler Gerhard Schröder heißt es: "Mit Freude habe ich erfahren, dass Sie von Seiner Heiligkeit Papst Johannes Paul II. zum Kardinal ernannt worden sind. Ihnen wird damit eine Auszeichnung zuteil, die die Bedeutung Ihres hohen kirchlichen Amtes als langjähriger Bischof der Diözese Paderborn und zugleich Ihre Verdienste als Theologe und Seelsorger wertschätzt". Und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hob in seinem Gratulationsschreiben hervor, dass die theologische und pastorale Arbeit von Erzbischof Degenhardt "in der Verleihung der Kardinalswürde eine deutliche Anerkennung finden". [1]

Unsere Staatsvertreter kennen sich offenbar gut mit der römisch-katholischen Kirche aus. Denn es ist einfach wahr: Wenn es jemand verdient hat, die Katholica als Kardinal zu vertreten, dann Erzbischof Degenhardt. Wie kaum ein anderer - O.K., da gibt es noch zwei, drei, vier ... hundert -, hat er schon früh die Lehre der Kirche in seinem Denken umgesetzt und sich auch nicht gescheut, dies nach außen zu tragen.

So setzte Degenhardt sich vehement für die Sexualmoral der katholischen Kirche ein und predigte in den 90er Jahren, Schuld am sexuellen Missbrauch von Kindern trügen Mütter, die den Erziehungsurlaub den Vätern überließen. [2]

Gelobt wurde Degenhardt auch von seinem Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD), der sich in Anbetracht der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der katholischen Kirche und dem Land Nordrhein-Westfalen freute, dass NRW nun zwei Kardinäle habe. Clement, seit seiner Kindheit mit dem katholischen Menschenbild vertraut, sieht in der Kardinalswürde eine große Anerkennung für des Erzbischofs "Wirken in Nordrhein-Westfalen und für die Menschen, die hier leben und arbeiten". [1]

Ja, für die arbeitenden Menschen setzt Degenhardt sich ein - rein katholisch gesehen natürlich. So ließ er kürzlich in Zusammenhang mit dem Rückzug aus der Schwangerenkonfliktberatung - dem diesbezüglichen Befehl der Papstes kam er prompt und als erster nach - über seinen Generalvikar in der örtlichen Presse androhen, dass jeder, der sich bei Donum Vitae engagiere, mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen müsse, sofern er in Einrichtungen der katholischen Kirche beschäftigt sei. [2] Immerhin - bei Degenhardt weiß der Mensch, woran er ist. (Im Gegensatz zu den bedauernswerten Angestellten in den Beratungsstellen des Bischofs Kamphaus in Limburg. Diese dürfen zwar bis zum Jahresende erstmal weiter die inkriminierten Scheine ausstellen. Aber eigentlich doch nicht: denn den Frauen, die den Schein wünschen, soll dies Begehren gefälligst ausgeredet werden, so dass sie "freiwillig" verzichten.) [3]

Aber selbst dieser engagierte Einsatz für die katholische Lehre reichte Degenhardt noch nicht. Auch nachdem er bereits von der ihm zuteil werdenden Ehre aus päpstlichem Munde erfahren hatte, zeigte der Erzbischof noch einmal, was es heißt, voll und ganz katholisch zu sein und der einzig wahren und heiligen Kirche Christi anzugehören:

Als jetzt im Erzbistum Paderborn die katholische Gemeinde Sankt Johannes Baptist in dem Ort Schildesche eine Wohnung für ihren Vikar suchte, ergab es sich, dass im evangelischen Pfarrhaus eine Wohnung frei war. Die beiden Pfarrer waren sich wohl einig, doch Erzbischof Degenhardt hat es verboten, dass der Katholik beim Protestanten wohnt, "da vermeidbare schwierige Situationen, besonders unter pastoralen Aspekten, entstehen könnten." [4]

So muss ein zukünftiger Kardinal der römisch-katholische Kirche denken und handeln! Oder wie Bischof Lehmann, baldiger Mit-Kardinal, anlässlich Degenhardts 75. Geburtstag meinte: Kennzeichnend für den Erzbischof sei das "entschiedene und unzweideutige Zeugnis für den Glauben an Gott, wie er uns durch die Kirche vermittelt ist." [1]

Nun ist auch uns klar geworden, dass Johannes Joachim Degenhardt einer der würdigsten Vertreter seiner Kirche ist und die Kardinalsehre mit seinem Handeln und Wandeln längst verdient hat. Uns bleibt nichts anderes übrig, als uns in die lange Liste der Lobliedsänger - Rau, Schröder, Thierse und all die anderen haben ja Recht! - einzureihen und artig zu gratulieren... (H.J.)

[1] www.erzbistum-paderborn.de
[2] taz, 27.03.00
[3] ARD-Videotext, 22.01.01
[4] ARD, tagesthemen, 7.2.01

 9. Februar 2001 · Kultur: Immer nur Weihnachten...

Medientipps & mehr: Update

Am Mittwoch, 22.25 Uhr, zeigt 3 SAT Heinrich Bölls Satire "Nicht nur zur Weihnachtszeit" aus dem Jahr 1970. Dafür schrieb Böll zum ersten Mal ein Originaldrehbuch für das Fernsehen. Bei der Schilderung dieses permanenten Christfestes fehlt es nicht an skurrilen Einfällen. Damit attackiert Böll die verkitschte, sinnentleerte und am Äußerlichen verhaftete Weihnachtsfeier sowie die seelen- und geistlose Automatisierung und Schematisierung gesellschaftlicher Rituale.

 2. Februar 2001 · Kultur: Es begann mit einer Lüge

Medientipps & mehr: Update

Am Donnerstag, 8. Februar um 21.45 Uhr, zeigt die ARD eine Doku der Monitor-Autoren Angerer und Werth über "Deutschlands Weg in den Kosovo-Krieg". Sie sind sich sicher: "Es begann mit einer Lüge."

24. März 1999: Im italienischen Piacenza starten deutsche Kampfjets gegen Jugoslawien. Es ist der erste Kriegseinsatz deutscher Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg - ein Tabubruch. Bundeskanzler Schröder erklärt im Fernsehen: "Wir führen keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen."

Nur aus einem Grund durften deutsche Soldaten am Krieg teilnehmen und der hieß: Abwendung einer humanitären Katastrophe. Doch war diese - vor dem Bombardement der NATO - im Kosovo bereits eingetreten? Gab es die ethnischen Säuberungen wirklich schon vor dem Krieg? Heute sagt Norma Brown, enge Mitarbeiterin von OSZE-Chef William Walker: "Die humanitäre Katastrophe im Kosovo gab es erst durch die NATO-Luftangriffe. Dass diese die Katastrophe auslösen würde, wussten alle bei der NATO, der OSZE und bei unserer Beobachter-Gruppe." Der Krieg im Kosovo - geführt im Namen der Menschlichkeit - begann mit einer Lüge.

Den Autoren soll es gelungen sein, hochrangige Militärs bei Bundeswehr und NATO zu befragen, die an den Kriegsvorbereitungen unmittelbar beteiligt waren. Sie sprachen mit Beratern der US-Regierung, dem damaligen NATO-Sprecher Jamie Shea und mit Verteidigungsminister Rudolf Scharping. Vor allem aber unternahmen sie aufwendige Recherchen vor Ort im Kosovo. Herausgekommen ist ein Lehrstück in Sachen Kriegspropaganda - made in germany. "Im Kampf um die öffentliche Meinung spielte Scharping eine entscheidende Rolle", bescheinigt NATO-Sprecher Shea dem deutschen Minister. Zahlreiche neue Zeugenaussagen und bislang unveröffentlichte geheime Lageberichte aus Scharpings Behörde machen wichtige "Beweisstücke" zur Farce. Das gilt für das angebliche Konzentrationslager in Pristina, das "Massaker" von Rugovo und den sogenannten Operationsplan Hufeisen, der kein serbisches Dokument, sondern in Wahrheit ein Produkt des Führungsstabes im deutschen Verteidigungsministerium ist. (H.J.)

[Quelle: www.ard.de]

 26. Januar 2001 · Kultur: Medientipps: Update

Medientipps & mehr: Update

 24. Januar 2001 · Der Humanist: Money, money...

Heute haben wir eine Bitte in eigener Sache:

Viele der Humanist-Leser schätzen mittlerweile unser Internet-Magazin. Geschätzt wird auch, dass wir völlig werbefrei arbeiten. Wir liefern regelmäßig Informationen, stecken sehr viel Arbeit in dieses Projekt, ohne damit auch nur einen Pfennig Geld zu verdienen. Im Gegenteil: Die kleine Gruppe fester Mitarbeiter finanziert auch noch auf eigene Kosten die Domains und den werbefreien Server mit ausreichendem Speicherplatz, ein nicht gerade billiges Vergnügen.

Dementsprechend freuen wir uns über jeden, der unsere Arbeit honorieren und unser Projekt Der Humanist regelmäßig, sporadisch oder auch nur einmalig mit einem finanziellen Zuschuss in beliebiger Höhe fördern möchte.

Unsere Bankverbindung lautet:

Der Humanist
Kreissparkasse Uelzen
Kontonummer: 59 73 02
BLZ: 258 501 10

Vielen Dank!

 23. Januar 2001 · Politik: Wer verdient am Krieg? (Teil II.)

Der Journalist Helmut Pickel skizzierte in einem Kommentar in der Tageszeitung "Nürnberger Nachrichten", wie sich der Vater des derzeitigen us-amerikanischen Präsidenten, George Herbert Walker Bush, zu Zeiten der mächtigen Golfkrieg-Allianz (im Jahr 1991) zu "Träumen von einer neuen Weltordnung" inspirieren lies. Glücklicherweise sind diese imperialistisch anmutenden "Albträume" zerplatzt. Beim vehementen Kampf um die verbliebenen Ressourcen der Erde (z.B. Erdöl) und die Neuverteilung politischer Gewichte nach Ende des Ost-West-Konfliktes, spitzte sich damals eine Situation zu, die derjenigen vor 1914 nicht unähnlich war. Zur Zeit des zweiten Golfkrieges war spekuliert worden, dass sich der Krieg gegen den Irak zu einem internationalen Bombenkrieg oder gar zu einem Dritten Weltkrieg ausweiten könnte.
Die NATO als westliches Bündnis von heute neunzehn souveränen Staaten ist in ihrer Form einzigartig, denn sie begreift sich - entgegen der militärischen Realität - in erster Linie als ein politisches Bündnis. Die Mehrheit der Blockfreien sowie die weitere globale Staatengemeinschaft (über 190 Staaten) will sich in diesem vermeintlichen "Menschenrechts"-Bündnis jedoch nicht direkt arrangieren.
Betrachtet man Fakten, die der angeblich so informierten westlichen Bevölkerung meist unbekannt sind, dürfen durchaus Zweifel geäussert werden, dass es dem Westen im damaligen Konflikt primär um die Wahrung der "Allgemeinen Menschenrechte", insbesondere in Kuwait und um die Befreiung eines annektierten Landes ging. Nebenbei erwähnt, zeigt sich der so genannte demokratisch legitimierte Westen bei anderen gewaltsamen Annektionen nicht so zimperlich (siehe auch die Besetzung Tibets mit seinen sechs Millionen Einwohnern durch China).

Bereits 1990 verdiente die undemokratische Elite Kuwaits mit westlichen Aktienpaketen (z.B. 25% bei der damaligen Hoechst AG in Frankfurt) mehr Gewinn, als durch den Verkauf von Erdöl. Ein hoher Erdölpreis gefährdete die wichtigste Einnahmequelle – Geld durch Geldvermehrung. Die Ölscheichs der arabischen Halbinsel verschleuderten bis vor kurzem den oft einzigen Rohstoff und enthielten große Teile der Einnahmen der eigenen Bevölkerung vor, indem sie diese im westlichen Ausland anlegten. Zur Stützung dieser strukturellen Gewalt müssen Waffen (und US-Truppen) importiert werden. Um diese Einkäufe leichter finanzierbar zu machen, wurde z.B. zehn Jahre lang irakisches Öl vom Markt per Embargo verknappt – und dabei rund eine Million irakischer Todesopfer in Kauf genommen. Das christliche Abendland wundert sich angesichts dieser Sachverhalte über die "fanatisierten islamischen Massen", die zum Heiligen Krieg aufrufen.
Zehn Jahre später ist das über den Irak verhängte Embargo noch immer nicht aufgehoben, die Frage der chemischen und atomaren Waffen noch nicht gelöst, Saddam Husseins Regime ist noch härter geworden, US-Truppen sind noch immer in der Golfregion stationiert, und zahlreiche amerikanische Kriegsveteranen und irakische Zivilisten weisen schwere Erkrankungen auf.
Sicher mag diese grobe Skizze viele Lücken aufweisen und interne arabische Konflikte unberücksichtigt lassen. Trotzdem bleibt die Frage, wie lange eine solche Rahmenpolitik – die Bush`s Vater zum "Träumen" anregten – gut gehen kann, bis es zur Explosion kommt. Oder meinte der damalige US-Präsident damit gar eine Weltordnung, in der eine unumschränkte und globale Hegemonialmacht Amerika das dritte Jahrtausend nach ihren Kriterien bestimmen sollte?

Nun denn, dann darf er ja noch hoffen...(H.F.)

[Quellen:
- graswurzelrevolution GWR Nr.: 255, Januar 2001
- Nünberger Nachrichten vom 17.01.2001
- www.bundeswehr.de
- www.humanist.de]

 22. Januar 2001 · Geld: Kirche und Geld

Update: "News zu Kirche und Geld" bei Kirchensteuer.de

Da wird u. a. darüber berichtet, wie...

Neu: Auf der News-Site zu Kirche und Geld befindet sich jetzt auch ein Archiv-Button. Da Kirchensteuer.de erst seit dem Jahr 2000 Meldungen dokumentiert, wird dafür das umfangreiche Material der MIZ (Materialen und Informationen zur Zeit) ausgewertet. Im Laufe dieses Jahres wird so bei Kirchensteuer.de ein entsprechendes Archiv entstehen, das bis ins Jahr 1977 zurückreicht. (H.J.)

 21. Januar 2001 · Religion: Zum Christentum und zurück

"Drum prüfe, wer sich ewig bindet."

Manfred Oppdehipt, den Lesern bereits aus dem Gästebuch bekannt, hat seinen Christusglauben überprüft. Den Abschied von der Bibel als "Wort Gottes" und vom Christentum beschreibt er in seinem Text

Mein Glaubensweg
- Zum Christentum und zurück -

Der Autor schließt mit dem Fazit:

"Manche Christen werden behaupten, ich war ja nur ein Scheinchrist gewesen. Dass ich die Gnade nie wirklich erfahren habe. Dem ist aber nicht so. Ich habe lange Jahre an Jesus Christus geglaubt und mich selbst dabei verleugnet. Nun, da ich wirklich frei bin, sehe ich das so.

Ein neues Leben, als Mensch, der sich der Verantwortung des Lebens stellt und diese nicht mehr an einen imaginären Gottessohn abgibt. Ich fühle mich frei, glücklich und freue mich auf das, was noch kommt."

==> Besucht auch Manfred Oppdehipts Homepage: www.oppdehipt.de

(H.J.)

 19. Januar 2001 · Kultur: Themenabend zur Evolution

Medientipps & mehr: Update

Am Donnerstag widmet ARTE ab 20.45 Uhr einen Themenabend der Entwicklungsgeschichte des Menschen. "Stammen wir vom Affen ab?" heißt der Titel des fast vier Stunden langen Abends, an dem u.a. Archäologen, Ethnologen und Genetiker ihre jüngsten Forschungsergebnisse erläutern. (H.J.)

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