Sigmund Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse – Die Zukunft einer Illusion

 

Sigmund Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse – Die Zukunft einer Illusion

Inhalt:

Nach Totem und Tabu (1912/13) hatte Freud eine Zeitlang keinen größeren kulturhistorischen Beitrag mehr veröffentlicht. Die Erschütterung des Ersten Weltkriegs und die dadurch beschleunigten politischen Umbrüche in Europa haben dann offenbar sein Nachdenken über gesellschaftliche Phänomene erneut angefacht. Die beiden im vorliegenden Band zusammengefaßten berühmten Essays erschienen 1921 und 1927. Zupackend und unbefangen wendet Freud hier sein individualpsychologisches Wissen auf Kollektiverscheinungen an.
Bei der Analyse jener spezifischen seelischen Veränderungen, denen der einzelne unterliegt, sobald er Teil einer Masse wird – Affektsteigerung, Denkhemmung, hochgradiger Beeinflußbarkeit –, kommen Freud seine frühen Forschungen über Suggestion und Hypnose ebenso zugute wie die inzwischen aus der klinischen Arbeit gewonnenen Einblicke in Identifizierungs- ud Triebschicksale. Noch unmittelbarer, aber auch polemischer parallelisiert er in der anderen, der religionspsychologischen Arbeit beide Sphären: in der Entwicklung der Menschheit sei die Religion einer Kindheitsneurose vergleichbar, die – so prognostiziert er vernunftgläubig – zugunsten rationaler Wissenschaft eines Tages „mit der schicksalsmäßigen Unerbittlichkeit eines Wachstumsvorganges“ überwunden werde.
Reimut Reiche zeigt in seiner so einfühlsamen wie souverän-kritischen Einleitung, worin die stupende Originalität dieser beiden Schriften besteht und was, gemäß moderner Kriterien, ihre Unzulänglichkeit ausmacht. Überdies führt er dem Leser vor Augen, was aus Freuds kulturhistorischem Projekt geworden ist, seit seinem Tode bis heute.

„Der Gegensatz von Individual- und Sozial- oder Massenpsychologie, der uns auf den ersten Blick als sehr bedeutsam erscheinen mag, verliert bei eingehender Betrachtung sehr viel von seiner Schärfe.“
Sigmund Freud

Autor:

Sigmund Freud, geboren 1856 in Freiburg (Mähren); Studium an der Wiener medizinischen Fakultät; 1885/86 Studienaufenthalt in Paris, unter dem Einfluß von J.-M. Charcot Hinwendung zur Psychopathologie; danach in der Privatpraxis Beschäftigung mit Hysterie und anderen Neurosenformen; Begründung und Fortentwicklung der Psychoanalyse als eigener Behandlungs- und Forschungsmethode sowie als allgemeiner, auch die Phänomene des normalen Seelenlebens umfassender Psychologie; 1938 Emigration nach London; 1939 Tod.

Dr Reimut Reiche, Psychoanalytiker und Soziologe in Frankfurt a.M. Zahlreiche Veröffentlichungen, darunter Sexualität und Klassenkampf (Fischer Taschenbuch Verlag, 1972); Der gewöhnliche Homosexuelle (Fischer Taschenbuch Verlag, 1990).

Fischer – ISBN: 3-596-10452-1


Erstellt von Christian Barduhn    Titelliste: Religion    Index    Der Humanist