Pietro Citati: Kafka - Verwandlungen eines Dichters

 

Pietro Citati: Kafka – Verwandlungen eines Dichters

Inhalt:

Pietro Citati, einer der bedeutendsten Literaturkritiker Italiens und Autor mehrerer vielbeachteter Biographien, verleiht mit diesem Buch einer persönlichen Leidenschaft Ausdruck: der „Leidenschaft Kafka“. In einer Mischung aus Intuition, Empathie und literarischer Analyse näher sich Citati diesem hierzulande bis an die Grenzen möglicher Erhellung ausgeleuchteten Dichter auf absichtlich behutsame Weise: „Er war ein hochgewachsener, dünner, feingliedriger Mann, der seinen langen Körper mit sich herumtrug, als hätte er ihn zum Geschenk bekommen.“ Citati shildert die Rituale seinses Alltags: „Wenn er sich mit seinen Freunden verabredete, erschien er immer zu spät. Er kam dann im Laufschritt an, mit einem verlegenen Lächeln, und legte sich die Hand aufs Herz, als wollte er sagen: ,Ich bin unschuldig.‘“ Er erspürt die Stimmungen seiner Seele: „Ich werde niemals das Mannesalter durchleben“ (schrieb Kafka einmal an Max Brod), „vom Kind werde ich sofort zum Greis mit weißen Haaren.“
Citati unternimmt eine filigrane Rekonstruktion des Lebens und Schreibens Kafkas. Der Akzent seiner Studie liegt dabei eher auf der geistigen Gestalt, den Verwandlungen des Dichters, den Metamorphosen – in deren einer ,der Schriftsteller als Tier‘ begriffen wird –, denn auf der persönlichen Biographie (wenngleich der Beziehung zu Felice und Milena besondere Beachtung geschenkt ist). Die Untersuchung des Werks – Kafkas Arbeit am Verschollenen, am Prozeß, am Schloß, an den Erzählungen und Aphorismen sind je eigene Kapitel gewidmet –, dient der tastenden Enträtselung des „Phänomens Kafka“, das Citati aus dessen hermetischer Metaphernwelt herauskristallisieren möchte. Das „väterliche Gesetz“, von Citati als „gottväterliches“ interpretiert, erweist sich dabei im Verständnis Citatis als Brennpunkt des gesamten kafkaschen Schaffens, um den sich die Topoi „Verbot“, „Schuld“ und „Verurteilung“ einerseits, „Gnade“ und „Erlösung“ andrerseits konstellieren. Citati arbeitet die metaphysische Welterfahrung des Dichters auf eigenwillige, den Kafka-Originaltext gleichsam umspielende Weise heraus und bewirkt für den Leser zweierlei: der Neugierige trifft auf einen Wegweiser durch die kafkaschen Denklabyrinthe, der Erfahrene auf deren subtile, an Überraschungen reiche Deutung.

Autor:

Pietro Citati, geboren 1930 in Florenz. Hochschulstudium in Turin, Pisa und München. Lebt und arbeitet heute in Rom. Neben seiner Kritikertätigkeit in Tageszeitungen (Il Giorno und Corriere della Sera) veröffentlichte er zahlreiche Studien, u.a. über Goethe, Alessandro Manzoni, Alexander den Großen und Plato. Darüber hinaus: Essays zu literarhistorischen und philosophischen Themen, Biographien und Catherine Mansfield und Tolstoj, außerdem Erzählungen und ein Roman.

Piper – ISBN: 3-492-03243-5


Erstellt von Christian Barduhn    Titelliste: Literatur    Index    Der Humanist