Die christlichen Wurzeln des Nationalsozialismus


Millenaristische Bewegungen und das Reich Gottes - Teil 3

Adolf Hitler, der Erlöser

Wie nicht anders zu erwarten ist, schweigen die meisten Geschichtsbücher, vor allem aber Schulbücher über Ereignisse wie Hitlers Besuch bei einem Diakonissenstift in Brandenburg:

Frohe Botschaft verbreitet sich am 2. Mai 1933 unter den Diakonissen des Luise-Henriettenstiftes in Lehnin in der Mark Brandenburg:
"Der Reichskanzler Hitler ist da und besichtigt eben die Kirche."
In Hitlers Begleitung befinden sich Joseph Goebbels und Prinz August Wilhelm von Preußen, ein Sohn Wilhelms II. und ein Verehrer des Reichskanzlers, der ihm dafür ehrenhalber die NSDAP-Mitgliedsnummer 24 verliehen hat.
Die Oberin der Lehniner Diakonissen: "Es war ein feierlicher Augenblick, als der Kanzler und Prinz August Wilhelm die Schwesternschaft leuchtenden Auges anschauten, und wir sie mit 'Heil!' begrüßen konnten. Alle Schwestern wurden vorgestellt und vom Reichskanzler mit Handschlag begrüßt. Die von den Schwestern ausgesprochene Bitte, die Herren mit den Schwestern fotografieren zu dürfen, wurde gern und freudig gewährt. Der Reichskanzler wählte selbst den Platz an der Sonne und führte uns vor den Pfeiler des Kreuzgangs in der Klausur."
[...]
Die Herren verabschieden sich mit einem kräftigen Händedruck. Die Diakonissen stimmen "Deutschland, Deutschland über alles" an. Die Oberin:
"Vor der Kirche warteten die begeisterten Einwohner Lehnins und grüßten ihren Reichskanzler mit immer wiederholten 'Heil'-Rufen. Schwester Ilse Schrader drängte sich noch im letzten Augenblick durch die Menge, durch welche ihr ein Herr der Begleitung Bahn brach, und bat den Reichskanzler in unser Gästebuch einzuschreiben. Sein frohes, zuversichtliches Wort:

Es wird die Zeit kommen,
die Millionen Deutsche ersehnen.
Adolf Hitler.

steht im tiefsten Einklang zu der ruhevollen, starken Persönlichkeit und hat unser Vertrauen zum Reichskanzler noch mehr gefestigt."
[KS12]

Mit dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums", das in Paragraph 3 die Entfernung von Beamten "nicht arischer Abstammung" bestimmte, hatte am 7. April 1933 die nationalsozialistische "Ausschaltung" der Juden in Deutschland begonnen. Am 3. Juni desselben Jahres verkünden die Deutschen Bischöfe in einem Hirtenbrief:

Zu unserer großen Freude haben die führenden Männer des neuen Staates ausdrücklich erklärt, daß sie sich selbst und ihr Werk auf den Boden des Christentums stellen. Dies ist ein öffentliches, feierliches Bekenntnis, das den herzlichen Dank aller Katholiken verdient. Nicht mehr soll also der Unglaube (!) und die von ihm entfesselte Unsittlichkeit das Mark des deutschen Volkes vergiften, nicht mehr der mörderische Bolschewismus mit seinem satanischen Gotteshaß die deutsche Volksseele bedrohen und verwüsten.
[KS33]

Wenige Monate später erläutert der Trierer Bischof Bornewasser vor katholischen Studenten:

"Es ist ein großes Verdienst der Reichsregierung und besonders des Herrn Reichskanzlers, daß dem würdelosen Treiben der Gottlosen (!) energisch Halt geboten, daß der geistigen Entartung der Völker, dem Bolschewismus ein Ende bereitet wurde. Niemand von uns darf je die Regierung in diesem schweren Kampfe im Stich lassen."
[KS33]

Weit davon entfernt, sich gegen die Machtergreifung der Nazis zu stellen, empfanden die meisten deutschen Christen vielmehr Erleichterung:

Am 14. Juli freuen sich Diakonissen eines Essener Krankenhauses über hohen Besuch: "Ministerpräsident Göring kommt." Eine der Schwestern schildert die Erwartung des Verheißenen:
"Endlich ist der 14. Juli da. Festtagsstimmung allenthalben. Lachender Himmel, Fahnen und Tannengrün tragen dazu bei, der Stadt Essen ein festliches Ansehen zu geben. Heute gilt es, einen hohen Gast zu empfangen - Ministerpräsident Göring."
Görings Besuch erinnert an die Schilderungen vom Einzug des Messias in Jerusalem: "Gewaltige Menschenmassen haben sich in den Straßen gestaut. Spannung und Freude auf allen Gesichtern. Ob er jetzt wohl bald erscheint? ... Freudige Erregung in allen Räumen..."
Der Einzug Görings: "Jetzt betritt der Ministerpräsident das Haus. Ruhig und fest schreitet er in Begleitung seines Stabes und des zuständigen Arztes ... daher. Lauter Sicherheit geht von ihm aus. Langsam geht der Ministerpräsident durch die Reihen, die ihm zum Empfang den Deutschen Gruß entbieten. Aller Augen sind auf ihn gerichtet und nehmen sein Bild ganz auf, um es ja noch lange in Erinnerung zu bewahren."
Der Besuch des NS-Heiligen dauert nur wenige Minuten. Die Schwester: "Es ist wie ein Traum. Erst als das Fragen laut wird: Hast Du ihn gesehen? und: Ist er auch dicht an dir vorübergegangen? da weiß man, daß es Wirklichkeit gewesen ist." [...]
Der Stil erinnert an die Schilderungen von Jüngern, denen der auferstandene Christus erschienen ist. Die Lobgesänge zeigen, daß die Diakonissen den Nationalsozialismus nicht als Knechtschaft, sondern als Erlösung empfinden. Dabei ist der 14. Juli 1933 ein ereignisreicher Tag: An diesem Tag wird z.B. das "Gesetz über die Neubildung von Parteien" beschlossen. Die NSDAP ist die einzig zugelassene Partei. Am 14. Juli wird zudem das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" verkündet.
[KS17ff]

Vielfach läßt sich gerade zu Beginn der NS-Zeit eine scharfe Trennungslinie zwischen Kirchenkreisen und Nationalsozialisten überhaupt nicht ausmachen. Das gilt auch für die der Partei angegliederten Organisationen, wie zum Beispiel der SA, die sich als den treuesten Kern der Kirche begriff. So wird heute gerne verdrängt,
"... daß im Anfang des Dritten Reichs vielerorts die SA in geschlossener Kolonne zum Gottesdienst anrückte, daß sogar die SA-Ausweise an der Kirchtür zur Bestätigung des Gottesdienstbesuchs durch die SA-Führer abgestempelt wurden. Der SA-Sturm 3/288 ... bekannte sich geschlossen zu Christus und wurde besonders vom Standartenführer begrüßt (Junge Kirche 3, 1935, S.52)."
[BW31]

"Ebenso bestand in Lauban (Schlesien) ein christlicher SA-Sturm; er wurde gestellt von dem Christlichen Verein Junger Männer (CVJM)."
[BW40]

Der Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft wurde von Mitgliedern christlicher Organisationen wie der Diakonie oft keineswegs als Bedrohung empfunden, sondern im Gegenteil als die Errichtung des Reiches Gottes auf Erden erlebt.

Am 31. Oktober 1933, dem Reformationstag, findet eine Tagung der leitenden Schwestern des Zehlendorfer Verbandes für ev. Diakonie statt (15 Mutterhäuser mit rd. 6000 Schwestern). Schwester Dora Gerhardt hält das Referat "Die nationalpolitische Erziehung der Schwestern".
"National", sagt sie, "nicht wahr, das waren wir doch alle!" Der Begriff sei vor allem den Älteren gleichbedeutend mit "Patriotismus und Liebe zum Kaiserhaus". Stolz seien sie gewesen, deutsch zu sein. 1914 - bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs - habe sie das Gefühl beseelt, "ein Volk zu sein". Dann seien die "entsetzlichen" Jahre nach dem Krieg gekommen. Doch nun ist Hitler da, der seine Worte "als zündendes Feuer in Millionen Herzen gießt".
Der Messias ist also da. Da stellt sich die Frage, ob seine Jünger(innen) auch bereit sind. Schwester Dora Gerhardt: "...Sind wir wohl alle schon die Menschen geworden, welche Hitler zum Aufbau seines Dritten Reiches gebrauchen kann? Bausteine, die sich gut einfügen lassen in sein Gebäude, die nicht durch Ecken und Kanten und Unebenheiten die Arbeit des Meisters hindern?"
Mit "Meister" reden die Jünger im Neuen Testament Jesus an. Das "Dritte Reich" wird zum Reich Gottes.
Die Schwester nennt einige Gründe, die so manche Schwester bisher abgehalten habe, sich mit dem Nationalsozialismus zu beschäftigen. Der erste Grund: die Behandlung der Juden. Die Referentin im Stile einer Heiligenlegende:
"Zuerst möchte ich auf die Judenfrage eingehen, zu der ich eine kleine Begebenheit erzählen will, die vor 14 Tagen eine unserer Schwestern aus Partenkirchen mitbrachte. Sie war dort mit einer Schwester der Evangelischen Frauenhilfe zusammen, und diese verirrte sich an einem regnerischen Tage in den Bergen. Es begann dämmrig zu werden, als sie endlich einen Mann, anscheinend einen Einheimischen, trifft. Er hat den Hut tief ins Gesicht gezogen und den Kragen der Joppe hochgeschlagen. Den bittet sie, ihr zu helfen, und er erbietet sich, sie auf den richtigen Weg zu bringen. Als sie aufschaut, ihm ins Gesicht sieht, ist es Adolf Hitler! Unterwegs fragt er sie, wie denn die Schwestern über den Nationalsozialismus dächten und sie sagt: Ach, die jüngeren sind hellauf begeistert, aber die Älteren stoßen sich daran, daß Sie so scharf gegen die Juden vorgehen! Da hat ihr der Reichskanzler geantwortet: 'Ja, Schwester, das wird auch nur der verstehen, der wie ich die Juden in Wien kennengelernt hat. Ich habe erkannt, daß es keine andere Möglichkeit zum Gesundwerden unseres Volkes gibt, als sie und ihre Ideenwelt auszumerzen!"
[...]
"Schauen wir auf den Führer des heutigen Deutschland, so sehen wir dieses Sich-Hingeben an die ihm von Gott gestellte Aufgabe in menschenmöglicher Vollendung! Kennen Sie die folgende, so bezeichnende kleine Begebenheit? Hitler trifft in der Nähe des Klosters Chorin eine Diakonisse und diese fragt ihn: 'Herr Reichskanzler, woher nehmen Sie nur die Kraft für Ihr schweres Werk?' Da zieht er ein Neues Testament aus seiner Rocktasche und sagt: 'Hier, Schwester!'"
Kommentar von Schwester Dora Gerhardt: "Uns Schwestern ist es so leicht gemacht, im neuen Staate mitzuarbeiten. Ein richtig aufgefaßter Schwesternberuf ist überhaupt schon Nationalsozialismus."
Zum Schluß kommt Schwester Dora auf den Hitler-Gruß: "Denken, denken wir doch! Welch eine Schutzmauer könnten wir um den Retter Deutschlands (!) vor Bolschewismus und Marxismus aufrichten, wenn wir jedesmal aus tiefstem Herzen ihm mit unserem 'Heil Hitler!' einen fürbittenden und dankbaren Gedanken sendeten!"
Hitler ist zur Anbetung freigegeben.
[KS38-42]

Anzumerken bleibt, daß es gar keine Rolle spielt, ob der Führer tatsächlich ein Neues Testament in der Tasche trug oder nicht, solange führende Christen die deutsche Bevölkerung auf diese Weise beeinflußten.


Nächstes Kapitel: Nachfolge Jesu in SA-Uniform

Nachweise
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Die christlichen Wurzeln des Nationalsozialismus © kelsos 1998-1999