Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft

Beispiel:    Deutsche Bischofskonferenz (DBK)

 

Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der Bischöfe aller Diözesen in Deutschland und somit höchstes Organ der deutschen Katholika. Die katholische Kirche in der Bundesrepublik Deutschland zählt 27,5 Millionen Gläubige. Damit sind 33,6 % der 82 Millionen Deutschen katholisch.

Die katholischen Bischöfe hatten in letzter Zeit mehrere Konfliktpunkte mit dem Staat. Dazu gehörten Schwangerschaftskonfliktberatung und Abtreibung, Homosexualität und Gleichstellung von Lebenspartnerschaften, aber auch die Steuerreform. Dort ging man die Bundesregierung um Ausgleich der im Zuge der Steuerreform erwarteten Kirchensteuermindereinnahmen an. Dabei heißt es auf der Homepage der DBK:

"Auch wenn staatliche Stellen die Kirchensteuer einziehen, ist sie keine staatliche Angelegenheit. "

Die Finanzexperten der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen verständigten sich nun darauf, den Rückgang des Kirchensteueraufkommens zumindest teilweise zu verhindern. Für die aus der Senkung der Einkommensteuer entstehenden Verluste sollten die Kirchen zwar keinen Ausgleich bekommen. Aber bei der Unternehmenssteuerreform bessert man für die Kirchen nach. Weil Personenunternehmen künftig die Gewerbesteuer von der Einkommensteuerschuld abziehen dürfen, sinkt automatisch auch die Kirchensteuer. Dies will die rot-grüne Koalition verhindern und Paragraf 51 a des Einkommensteuergesetzes entsprechend ändern. [Quelle: Berliner Zeitung, 9.5.00]

 

Der Deutsche Caritasverband als Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche unterhält insgesamt mehr als 24.000 Einrichtungen wie Kindergärten, Krankenhäuser, Heime für Jugendliche, Senioren und Gefährdete; Sozialstationen und Beratungsstellen mit insgesamt knapp 1,2 Millionen Plätzen. Dazu zählen in der Gesundheitshilfe fast 550 Krankenhäuser und etwa 320 Krankenhäuser und Heime für gefährdete Jugendliche und Erwachsene.

 

Antwort auf unsere Anfrage:

Von: Pressestelle Pressestelle@DBK.DE
An: 'jackler' jackler@tabu.ping.de
Datum: Freitag, 17. März 2000 14:38
Betreff: AW: Finanzierung Ihrer Krankenhäuser

Sehr geehrter Herr Jackler,

mit Ihrer Fragen wenden Sie sich am besten an den Deutschen Caritasverband. Wir haben hier keinerlei Unterlagen zu den Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft.

MfG Dr. Rudolf Hammerschmidt

 

Die Deutsche Bischofskonferenz, deren Vorsitzender Bischof Lehmann bei weiterem Kirchensteuerrückgang mit Rückzug aus dem Krankenhauswesen droht, hat keinerlei Unterlagen darüber, wieviel Kirchensteuer an die Caritas für die Krankenhäuser fließt?

Es ist schon verwunderlich, dass man nur Auskünfte vom Geldempfänger und nicht vom Geldgeber bekommen kann. Denn die Kirchensteuer kassiert zunächst einmal die Katholische Kirche. Und deren höchstes Organ ist die Deutsche Bischofskonferenz.

 

Antwort der Caritas:

Von: Vortkamp Thomas <vortkamt@caritas.de>
An: 'jackler@tabu.ping.de'
Datum: Donnerstag, 6. April 2000 12:12
Betreff: Finanzierung katholischer Krankenhäuser

Sehr geehrte Frau Jackler,

Ihre Anfrage zur Finanzierung katholischer Krankenhäuser wurde an mich weitergeleitet, da ich in der Caritas für den Krankenhausbereich zuständig bin. Anzumerken ist, dass es bei der Finanzierung der Krankenhäuser - egal ob in kommunaler, privater oder kirchlicher Trägerschaft - keine Unterschiede gibt. Hierzu gibt es bundeseinheitliche Gesetze Krankenhausfinanzierungsgesetz und Bundespflegesatzverordnung). Danach werden die laufenden Betriebskosten (Personal- und Sachkosten) durch
die Krankenkassen finanziert
und die Investitionskosten durch die Länder.
Dies wird als duale Finanzierung bezeichnet. Auch kirchliche Krankenhäuser
werden nach diesem System finanziert.

Es kommt allerdings vor, dass die dadurch zur Verfügung gestellten Finanzmittel im Einzelfall nicht ausreichen (z.B. wegen einer Festbetragsfinanzierung von Investitionen durch die Länder). In diesen Fällen müssen sowohl kommunale und private wie auch kirchliche Krankenhausträger entweder Eigen- oder Fremdmittel (z.B. Kredite) aufwenden.
Kirchliche Träger sind insbesondere Ordensgemeinschaften, Trägergesellschaften, Diözesanverbände und z.T. auch Kirchengemeinden. Von einer Finanzierung in größerem Umfang durch Kirchensteuermittel bei kirchlichen Krankenhäusern oder (kommunalen) Steuern bei kommunalen
Krankenhäusern kann nicht ausgegangen werden
. Daten liegen hierzu allerdings
leider nicht zur Verfügung.

Kirchliche, kommunale und private sind insgesamt gesehen in ihrer Finanzierung durch Krankenkassen und Länder gleichgestellt. Dieses garantieren Bundes- und Landesgesetze.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Dipl.-Kfm. Thomas Vortkamp
Leiter des Referates Krankenhilfe im Deutschen Caritasverband
Geschäftsführer des Kath. Krankenhausverbandes Deutschlands e.V.
Tel.: 0761/200-609
E-Mail: kkvd@caritas.de

[Hervorhebungen durch die Redaktion]

 

Die Caritas weiß also, dass Krankenhäuser durch Krankenkassen und Länder finanziert werden. Nur wenn bei Investitionen der vorher vereinbarte Festbetrag nicht ausreicht (andere Antworten nannten immer wieder die Krankenhauskapelle), müssen Eigenmittel oder Kredite herangezogen werden. Die Mittel sind aber nicht etwa Kirchensteuern, sondern Eigenmittel des Trägervereins, der diese Beträge durch die Krankenhausleistungen vorher erwirtschaftet hat. Oder im Falle von Krediten noch erwirtschaften muss.

Eines fällt auf: Konkrete Daten stehen auch der Caritas genauso wie der Deutschen Bischofskonferenz nicht zur Verfügung. Wie aber können dann solche Aussagen getroffen werden, wie

"Gut 40 bis 50 Prozent eines durchschnittlichen diözesanen Haushalts werden für Personalkosten der Priester und kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Seelsorge in den Gemeinden, aber auch etwa an Jugendlichen, Ausländern, Behinderten, Kranken benötigt. Etwa 20 Prozent werden für die sozialen Dienste wie Beratungsstellen, Kindergärten, Krankenhäuser, Altenheime ausgegeben." [Zit. aus: www.dbk.de]

Von den Diozesen bekamen wir allerdings die Auskunft, dass weder Krankenhäuser noch Altenheime über Kirchenmittel finanziert werden. Ausgenommen innerkirchliche Belange wie die Krankenhauspfarrer, aber diese Konkretisierung wird in der obigen Aussage unterschlagen. Statt dessen heißt es:

"Die Mitglieder der Kirchen stellen demnach durch ihre Kirchensteuern der Gesamtgesellschaft Dienste zur Verfügung, auf die sie verzichten müßte oder die den Staat erheblich teurer kämen, würden sich die Kirchen nicht engagieren." [Zit. aus: www.dbk.de]

Die beiden Kirchen nehmen jährlich je etwa 8 Milliarden Mark Kirchensteuer ein. Die Diözesen erzielen damit im Schnitt lt. DBK drei Viertel ihrer Einnahmen.

 

Die Kirchen nehmen für ihre Mitarbeiter - auch für die fremdfinanzierten Pflegekräfte und Mediziner - grundgesetzlich geregelte Sonderrechte in Anspruch. Die Sonderrechte für die Kirchen bedeuten weniger Rechte für die Angestellten.

"Mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit gewährleistet die Bundesrepublik die Freiheit der Kirchen und der übrigen Religionsgemeinschaften, ihre eigenen Angelegenheiten unter Beachtung der allgemein geltenden Gesetze selbständig zu regeln. Dies betrifft zum Beispiel das Dienst- und Arbeitsrecht der Kirchen, das im Rahmen des allgemeinen Arbeitsrechts der besonderen geistlichen Prägung kirchlicher Dienste Rechnung trägt und eine eigenständige Regelung der Mitarbeitervertretung entwickelt hat, die dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen entspricht. " [Zit. aus: www.dbk.de]

Mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit begründet das DBK die Einschränkung der Religions- und Meinungsfreiheit von Mitarbeitern, auch wenn deren konkreter Dienst gar keine "geistliche Prägung" aufweist.

 

Auf welchen Grundlagen das enge Staat-Kirche-Verhältnis beruht, wird auf der Homepage der DBK ausführlich beschrieben. Man spricht übrigens von einer "staatskirchenrechtlichen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland", obwohl es im Grundgesetz heißt: "Es besteht keine Staatskirche". Außerdem schreibt das Grundgesetz vor: "Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgemeinschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst." Aber immer noch gilt das mit Hitler abgeschlossene Konkordat von 1933, die Staatsleistungen beziehen sich gar auf Vereinbarungen, die fast 200 Jahre alt sind.

"Die staatskirchenrechtliche Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland beruht auf den folgenden wesentlichen Grundlagen:

  1. Auf einer strikten rechtlichen und organisatorischen Trennung der Bereiche von Staat und Kirche;

  2. auf dem Grundsatz der religiösen Neutralität des Staates, die jedoch nicht als staatliche religiöse Indifferenz verstanden werden darf, sondern als positive Neutralität mit der Bereitschaft zu einer engen Kooperation zwischen Staat und den Kirchen auf vielen Gebieten;

  3. auf der Gewähr einer umfassenden individuellen Religionsfreiheit und der freien Betätigung der Kirchen und sämtlicher übrigen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften;

  4. auf der Anerkennung einer Stellung der Kirchen im Bereich des Öffentlichen, die in der Verleihung eines öffentlich-rechtlichen Status durch die Verfassung selbst ihren Ausdruck findet;

  5. auf vielfältigen Formen einer Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den religiösen Gemeinschaften, insbesondere

  6. in der Förderung der Kirchen und übrigen Religionsgemeinschaften durch den Staat, vor allem in der Form der Einrichtung des Religionsunterrichts als ordentliches und obligatorisches Lehrfach an allen öffentlichen Schulen;

  7. in der Einrichtung Katholischer und Evangelischer Theologischer Fakultäten an zahlreichen staatlichen Universitäten,

  8. in der Organisation einer in die Streitkräfte integrierten evangelischen und katholischen Militärseelsorge;

  9. in der effektiven Gewährleistung der Seelsorge in öffentlichen Krankenhäusern und Strafanstalten;

  10. in der Mitwirkung des Staates bei der Einziehung der kirchlichen Steuern;

  11. in der Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche auf dem Gebiete der gesamten Wohlfahrtspflege, insbesondere mit den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes bei der katholischen Kirche und dem Diakonischen Werk der evangelischen Kirche;

  12. in einer effektiven und ausreichenden Berücksichtigung der kirchlichen Interessen im Bereich des öffentlichen Hörfunks und des Fernsehens." [Zit. aus: www.dbk.de]

Der Staat hat also viele Pflichten den Kirchen gegenüber, die sich oft in barer Münze niederschlagen. Denn ihre Dienste wie Wohlfahrt, Seelsorge und Religionsunterricht lassen sich die Religionsgemeinschaften bezahlen. Dazu kommt noch die Finanzierung der Ausbildung in Theologischen Fakultäten. Bischofsgehälter werden über Staatsleistungen finanziert. Das ganze bezeichnet die DBK als "verfassungs- und vertragsrechtlich begründetes freiheitliches Kooperationssystem".

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Heike Jackler