Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft

Beispiel:    Christlich Soziale Union (CSU)

 

Die CSU setzt sich in ihrem Grundsatzprogramm ausdrücklich für die Subsidiarität, d.h. Abtretung öffentlicher Aufgaben durch freie Träger wie die Kirchen, ein:

"Der Gedanke der Subsidiarität findet sich an zahlreichen Stellen des Grundsatzprogramms der CSU, zum Beispiel bei der Sozialpolitik, dem Öffentlichen Personennahverkehr, der Schulpolitik und der Europapolitik. Auszüge:

Wir fordern daher für die Europäische Union nicht nur demokratische und soziale, sondern auch freiheitliche und föderale Strukturen, in welchen das Subsidiaritätsprinzip herrscht. Danach darf die Europäische Union Aufgaben nur dann übernehmen, wenn ihre Erfüllung auf europäischer Ebene im Interesse der Bürger unabweisbar notwendig ist und ihre volle Wirksamkeit nur auf Gemeinschaftsebene erreicht werden kann."

Die Zusammenarbeit mit den Kirchen wird betont:

"In der Zusammenarbeit von Christen der beiden großen Konfessionen liegt eine der starken Wurzeln der CSU."

Die CSU sieht allerdings einen "Wertewandel" und die "schwindende Bereitschaft", "Institutionen und überlieferte Ordnungen wie Familie, Kirche und Staat anzuerkennen". Die Partei erkennt alle Rechte der Kirche an:

"Die CSU sieht in den Kirchen und Religionsgemeinschaften eigenständige und unabhängige Gemeinschaften. Sie unterstützt ihren Beitrag zur Mitverantwortung und Mitgestaltung für das Gemeinwohl, insbesondere bei der Gewissensbildung, im sozialen Engagement und in der Erziehung. Die religiöse Verkündigung ist frei. Die Leistungen der Kirchen im gesellschaftlichen Dialog von Werten und Zielen sind unersetzlich. Das Recht der Kirchen und Religionsgemeinschaften, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen, muß bestehen bleiben."

Die CSU gibt sich weltoffen:

"Weltoffenheit, soziale Gerechtigkeit gegenüber allen Mitmenschen, aber auch Toleranz und Gewissensfreiheit sind die Kennzeichen christlich-abendländischer Kultur."

Nach Jahrhunderten christlich-kirchlicher Intoleranz und Gewissenszwang sind nun also Toleranz und Gewissensfreiheit die Kennzeichen christlicher Kultur. Mensch staunt.

"Christentum, Humanismus und Aufklärung gebieten Toleranz. Das wollen wir erhalten."

Aber trotzdem:

"Wertordnungen, die Toleranz nicht respektieren, schaffen Anlässe für tiefgreifende gesellschaftliche Konflikte. Daher lehnen wir die Selbstaufgabe in einer multikulturellen Gesellschaft ab."

 

Die CSU zur Krankenhausversorgung:

"Die CSU will die medizinische Versorgung in den Krankenhäusern - nach Versorgungsstufen und Fachkrankenhäusern gegliedert - optimieren ... Neue Anreize für wirtschaftliches Verhalten der Krankenhäuser müssen geschaffen, die Krankenhauskosten durch sparsame effektive Wirtschaftsführung in Grenzen gehalten werden."

[Alle Zitate aus: www.csu.de]

 

Die CSU "grüßt Gott" bereits auf der ersten Seite ihrer Homepage und verkündet in ihrem Grundsatzprogramm, dass die Partei "vom christlichen Menschenbild und von der christlichen Wertordnung" ausgeht. Da wird natürlich die Anfrage eines Konfessionslosen verwundert haben. Die Antwort war auch dementsprechend kurz.

 

Antwort auf unsere Anfrage:

Von: Zorzi, Markus Markus.Zorzi@csu-bayern.de
An: 'jackler@tabu.ping.de'
Datum: Dienstag, 4. April 2000 09:31
Betreff: kirchliche Krankenhäuser

Sehr geehrte Frau Jackler,

vielen Dank für Ihre email Anfrage vom 19.03.2000 und vom 03.04.2000 nach der rechtlichen Situation der Finanzierung von kirchlichen Krankenhäusern. Wir bitten um Nachsicht für die vergleichsweise lange Bearbeitungsdauer. Wie wir erfahren haben, haben Sie sich auch an das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit gewandt und von dort eine Auskunft zur rechtlichen Lage erhalten. Wir dürfen Sie auf diese Antwort verweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Zorzi

Leiter Politik und Parteiarbeit
und Referent für Sozial- und Gesundheitspolitik
CSU-Landesleitung
Franz Josef Strauß-Haus
Nymphenburger Str. 64
80335 München

[Hervorhebungen durch die Redaktion]

 

Die Antwort des im Schreiben erwähnten Bayerischen Staatsministeriums war noch kürzer: "Ihre Frage zur Finanzierung der kirchlichen Krankenhäuser beantworten wir mit nein."

(Die Fragen lauteten "Bekommen kirchliche Krankenhäuser niedrigere Patientensätze? Oder sind die üblichen staatlichen Zuschüsse dort wesentlich niedriger als bei nichtkirchlichen Trägern? Dürfen kirchliche Krankenhäuser vielleicht ihre
Personalkosten nicht auf die Patientenkosten umlegen? Oder wie kommt sonst der gravierende Unterschied in der Finanzierung zustande?" )

Die CSU macht sich in ihrem Grundsatzprogramm auch für Arbeitnehmerrechte stark:

"Die CSU ist Garant dafür, daß die sozialen Arbeitnehmerrechte in der Bundesrepublik Deutschland nicht mit Blick auf einen europäischen Mindeststandard verschlechtert werden. Dies gilt auch für national unterschiedlich geregelte Bereiche wie die Mitbestimmung. Die CSU wird sich dafür einsetzen, daß der hohe Stand der sozialen Arbeitnehmerrechte in der Bundesrepublik Deutschland zum Ziel für Europa wird, um somit den sozialen Frieden innerhalb Europas zu fördern und für deutsche Unternehmen die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern. Auf dem Weg dahin bewahrt die Festlegung sozialer Mindestrechte nationale Eigenständigkeit und Vielfalt und berücksichtigt das Gemeinwohlinteresse. Soziale Mindestnormen sind jedoch für einige Mitgliedstaaten noch Ziele sozialpolitischer Verbesserungen." [Zit. aus: www.csu.de]

Die CSU schaut also auf Europa und fürchtet eine Schlechterstellung der hohen Arbeitnehmerrechte der Deutschen. Gleichzeitig erkennt sie aber an anderer Stelle das Recht der Kirchen an, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen. Dieses Recht "muss bestehen bleiben", heißt es im Programm. Dabei nimmt die CSU billigend in Kauf, dass die kirchlichen Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Rechte, u.a. auch in der Mitbestimmung, im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern schlechter gestellt sind.

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Heike Jackler