Wenn Ihr demnächst den Satz "Hasse ma' 'ne Mark?" zu hören bekommt, dann Obacht! Es könnte auch ein verkleideter Pfaffe sein...C.B.
Aus der Welt vom 20.01.2001:
Pastoren werden zu Bettlern ausgebildet
Vikare erhalten kompetente Schulung von Obdachlosen - Spendenquittung inklusive
Von Martin Kopp und Alexander Solowjow
Was hat die Kirche nicht schon alles versucht, um ihre leeren Kassen zu füllen. Sie vermietet ihre Gemeindehäuser, veranstaltet Disco-Nächte unter der Kanzel und will nun auch noch professionell schnorren gehen. Wie weiland die Bettelmönche im Mittelalter für Nachwuchs sorgten, sollen nun junge Vikare des Predigerseminars in Celle zu kompetenten Bettlern ausgebildet werden.
Ausgedacht hat sich dieses die Hamburger Dienstleistungsfirma Komm-Consult, die Ende Januar erstmals eine Schulungsveranstaltung in Celle durchführt. "Dort lernen die angehenden Pfarrer von einem Obdachlosen, wie sich Geld und Sachleistungen für karitative Zwecke erbetteln lassen", sagt Andreas Böhmeke, bisher Trainer für kundenorientiertes Auftreten, künftig Bettler-Coach.
Wir wissen, dass gefrustete Top-Manager tagelang durch irgendwelche Urwälder krabbeln, um ihren Stress abzubauen. Wir kennen die ausgefeilten Motivationsspiele, mit denen Mitarbeiter zur Teamarbeit erzogen werden sollen. Nun also ein Training, das aus Seelsorgern Bettler macht. Um den neuen Kunden eine professionelle Schulung bieten zu können, greift Komm-Consult auf professionelle Hilfe zurück: Nico Garves (32) kommt vom Kiez, ist seit drei Jahren ohne Beschäftigung und hat umfangreiche Erfahrung darin, wie man sich das Einkommen aus der Hilfsbereitschaft anderer sichert. Er soll die jungen Hirten zu kompetenten Bittstellern ausbilden, die für gute Zwecke effektiv betteln können - höflich, aber nachhaltig. Besonders gläubig ist er nicht: Mir ist völlig egal, wen ich unterrichte", sagt Garves. "Gleichzeitig lernen die Vikare etwas über die spezielle Situation der Obdachlosen", vertritt Böhmeke das Projekt. Er wird in der kompakten Schulung, die am 29. Januar im Predigerseminar stattfinden soll, dann den Schülern erklären, wie man Spendenquittungen richtig ausfüllt.
Anfang Februar müssen die Vikare in einer Prüfung zeigen, was sie gelernt haben: "Sie sollen per Telefon oder vor Ort Zuwendungen für ihr Priesterseminar erwerben", erklärt Böhmeke. "Ich setze da auf deren Kreativität." Ein paar Ideen hat er aber auch: "Sie können ja bei Wasa für ein Jahr die Versorgung mit Knäckebrot erbetteln." Böhmeke, der mit seinem Co-Trainer auf Einladung der Bahn nach Celle reisen wird, ist davon überzeugt, dass die Schulung ein Erfolg wird. Denn schon im vergangenen Jahr hat Komm-Consult mit jungen Vikaren auf der Computermesse Cebit die Effektivität professionellen Schnorrens erprobt. Innerhalb von sechs Stunden gelang es, Hard- und Software im Wert von 30 000 Mark zu erbetteln.