Augstein und der Erzengel Michael

Der Humanist: Gesellschaft und Medien: Augstein und der Erzengel Michael
Von winnie am Dienstag, den 3. Dezember, 2002 - 21:26:

Man macht einen großen Bohei um Augsteins letzten Auftritt in der Michaelis Kirche, beschränkt sich auf das kleinste, krämerischste, den Behördenhickhack, die Aktenlage, Staatsakt oder Glaubensakt, und übersieht die Person des Geehrten.

Daß der Herausgeber dieses ach so linksliberalen Blattes beinahe die halbe Gestapo-Zentrale bei sich in leitender Position beschäftigt hatte, spielt da kaum eine Rolle, ist ja auch erklärlich. Adenauer sagte in seiner ihm eigenen Logik: wir können nur auf die zurückgreifen, die wir haben. Und nahm den Globke. Ein Augstein-Freund sagte: man kann ein solches Medium nicht mit Kindern aufziehen. MÖglicherweise geht es mit frühreifen Primanern.

Wer ein Freund des feinen und hintersinnigen, manchmal bösen oder auch sehr bösen, aber nie entgleisenden Sarkasmus´ist, sollte bei dem Köhler mal reinsehen. Was mir davon als einziges im Dunkeln blieb: der Auftritt des Ressortchefs im Salambo mit seiner sehr reizenden jungen Frau. Welcher Ressortchef?

Die humanistischen oder sonstwie benannten aklerikalen Verbände sollen sich möglicherweise, bevor sie zur Klagemauer treten, mal ansehen, für wen sie sich engagieren, anstelle daß sie einen solchen für ihre Interessen instrumentalisieren, der sie womöglich allesamt ausgelacht hätte.

Was hätte den gehindert, notariell die Zeremonie einer heidnischen Beerdigung zu hinterlegen? Der Feind meines Feindes, so können die Akleriklalen doch im Kleinen so schön summen und sich drüber zerfleischen, ist nicht unbedingt mein Bruder im Geiste.

Köhler hat das Gespräch mit dem Martin Walser sehr treffend ironisiert, als eines, "damit es der Spiegel-Leser auch versteht, das auf einer hohen Kunstebene schwebte, im Stil der großen Schauspieldialoge": "Ich bin, wie du lieber Bruder wohl weißt, deine Schwester." Wer solche Dialoge führt vor laufendem Kassettenrekorder, der hat wohl noch jederzeit nicht nur ein Hintertürchen offen.

Die kleine Unappetitlichkeit, daß so einer vorübergehend dem Erzengel Michael zugesellt wurde, wird dann möglicherweise eine Randnotiz der Geschichte.


Von Heike Jackler am Donnerstag, den 5. Dezember, 2002 - 12:46:

>Was hätte den gehindert, notariell die Zeremonie einer heidnischen Beerdigung zu hinterlegen?

Muss ein Christ notariell hinterlegen, dass er christlich beerdigt werden will? Muss ein Moslem notariell hinterlegen, dass er moslemisch beerdigt werden will? Muss ein Kirchengegner notariell hinterlegen, dass er nicht kirchlich beerdigt werden will?

Ansonsten ging es den Verbänden nicht um die Beerdigung, sondern darum, dass der Staat offzielle Trauerfeiern grundsätzlich christlich abhält. Eine grundsätzliche Frage, die hier am Beispiel Augstein lediglich besonders deutlich wurde.


Von winnie am Montag, den 9. Dezember, 2002 - 18:57:

Ein Mann von dieser Selbstdarstellungsliebe, die bis in das letzte Detail geht, einen Multimillionär mit weitreichenden Verbindungen, was hindert ihn daran?

Wollte er nicht, oder war er nicht unabhängig genug?

War er das, was man denkt, das er war? War er ein ganz anderer? Oder waren die Verhältnisse ganz andere? Und welche? Die zu Anfang, die am Ende?

Darauf brachte mich das Buch von Köhler, das ja das Denkmal Augstein in hohem Maße unterminiert.

Als antikirchliches Denkmal taugt er nicht. Warum nicht?


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