WAS NUN ZU TUN WÄRE - möglicher Friedensprozeß?!

Der Humanist: Politik und Wirtschaft: AKTUELL: Kosovo-Krieg: WAS NUN ZU TUN WÄRE - möglicher Friedensprozeß?!
Von
gabriele weis am Samstag, den 5. Juni, 1999 - 22:01:

Gabriele Weis Heidelberg, den 5.6.99

http://www.talknet.de/~gabrieleweis






An alle, die der hoffentlich bevorstehende Friedensprozeß in Jugoslawien so oder so angeht!



WAS NUN ZU TUN WÄRE


- kritische Anregungen zu dem bisher ins Auge gefaßten Prozedere nach einem hoffentlich baldigen Ende der Kriegshandlungen







Wir sagen ´Frieden´, und ´reden Krieg´. - Gerade auch in diesen Tagen eines vielleicht und hoffentlich greifbaren Kriegsendes viel zu oft!!!
Nicht zuletzt das sollten wir grundlegend sensibler handhaben!



Das Kind ist im Brunnen: Wir führen Krieg und haben das Diktat, das uns vorschwebt, seit vorgestern vielleicht wirklich mit einem ersten Anker zu ´implementieren´ begonnen, wie wir so grauenhaft sagen.


Angenommen, der sich darüber abzeichnende Weg nimmt allmählich die Gestalt an, um die es uns geht, so scheint mir folgendes von außerordentlicher Bedeutung:





Wir handeln endlich einmal konsequent und ohne jedes Wenn und Aber nach dem Grundsatz vollständiger Gleichberechtigung aller Beteiligten!!
Weder gehört unter die alliierten Friedenstruppenkontingente eine andere Hierarchie als eine rein militärische. Das Oberkommando hätte in etwa halbjährlichem Rhythmus zwischen allen gleichberechtigt zu wechseln. Am besten wäre auch die jeweilige Kontingentstärke gleich.

Noch sollten die alliierten Friedenstruppen-Staaten und die UNO, dort wo sie etwas zu leisten antreten, zwischen den politischen Vertretungskörperschaften der Teilrepubliken Restjugoslawiens irgendeine Art von Hierarchie hinnehmen.



Folglich kann es auch nicht darum gehen, daß da irgendeiner dem anderen hineinregierte in seinen Aufgabenbereich.
Die Aufgabenbereiche sind klar zu scheiden:

Jugoslawien nimmt die Bearbeitung seiner inneren Probleme gänzlich souverän in die Hand. Und es wird dabei keinem Eingriffs-Zwang ausgesetzt außer dem, auf kriegerische Auseinandersetzungen zu verzichten.
Die bewaffneten alliierten Friedenstruppen beschränken sich strikt auf militärische und polizeiliche Aufgaben im Kosovo und an seinen Grenzen.
UNO, EU, OSZE und alle sonstigen Staaten beschränken ihre politischen Aktivitäten auf eine reine Ratgeber– und Vermittler-Funktion - dort, wo sie nachgefragt wird!
Zu dieser Vermittlerfunktion gehört zuvorderst die Verfügbarmachung von Aufbauhilfen.

Die Aufbauhilfen sollten budjetiert sein nicht für Gesamtjugoslawien, sondern für dessen verschiedenen Teilrepubliken!
Die jugoslawischen Teilrepubliken erhalten freie Mittelpakete, über deren Verwendung allein sie entscheiden, die ihnen aber in nur vernünftig groß bemessenen Raten verfügbar gemacht werden.

Bilaterale Hilfen der allierten Friedenstruppenstaaten unterbleiben!
Die Friedenstruppenstaaten vereinbaren unter sich einen Modus für den Budgetaufbau.
Welche Teilrepublik welches Budget erhalten kann und soll, sollte eine für eine begrenzte Periode von der UNO-Vollversammlung auf Vorschlag des Sicherheitsrates hin bestellte Budget-Kommission entscheiden und vor dieser Versammlung rechtfertigen (ihre mögliche Wiederwahl betreffend; für etwaige konstruktive Mißtrauensvoten dieser Versammlung scheinen mir vorderhand allerdings die Voraussetzungen noch nicht zu bestehen).
Anträge, den jeweils geltenden Budgetschlüssel betreffend, sind zwischen Vollversammlung und Kommission öffentlich zu debattieren und erst im Anschluß an die jeweiligen Debatten von der Kommision im Rahmen eines freien Mandats zu entscheiden.

Über die Mittelverwendung seitens der Teilrepubliken besteht der UN-Kommission gegenüber ausführliche Berichtspflicht.

Der Budgetvergeber (die UN-Kommision also) wacht vermittels einer eigenen Kontrollkommision ausschließlich darüber, daß die Verwender sich keines menschenrechtsverletzenden Mittelmißbrauchs schuldig machen.


Die Teilrepublik, die sich eines solchen Mißbrauchs schuldig machte, würde jeweils eine ganze Rate in den Wind zu schreiben haben und Gefahr laufen, auch für einen längeren Zeitraum keine Hilfen mehr zu erhalten.

Andere Bedingungen dürfen nicht gestellt werden.

Eine Entwaffung der UCK erscheint mir unrealistisch - bevor Jugoslawien einen Weg findet, seine militärische Staatsgewalt so neu zu ordnen, daß entweder jede Teilrepublik einem nurmehr lockeren Staatenbund Jugoslawien mit prinzipiell getrennter, aber vielleicht verbündeter militärischer Autonomie angehört, oder aber eine neue, gleichberechtigte, gemeinsame Armee Gesamtjugoslawiens mit errichtet (falls es nicht eines Tages in getrennte Teilstaaten auseinandergehen möchte).
Die Konsequenz sollte sein:

Solange die jugoslawischen Teilrepubliken hier zu keiner so oder so gemeinsam verabredeten Lösung kommen, wird die UCK seitens der alliierten bewaffneten Friedenstruppen ebenso militärisch in ihren etwaigen Kampfhandlungen bekämpft wie die serbische Armee. Aber auch nur darin.
Die Kosovaren müssen (wie die Serben, was die bisher von ihnen dominierte jugoslawische Armee angeht auch) souverän darin bleiben, in welche Richtung sie mit der UCK (in ihrem Falle) ordnungspolitisch für sich verfahren wollen. Wo sie an militärischer Autonomie festhalten (bzw. diese neu konstituieren) wollen, hat ihnen auch hier niemand hineinzureden.


i. Vorgaben darüber, wer im Kosovo siedeln darf und wer nicht und wo, können ausschließlich Kosovaren und Serben miteinander aushandeln. Wo sie Umsiedlungen aushandeln sollten, muß das ihre Angelegenheit bleiben.

j. Namentlich Vorgaben der Außenwelt darüber, ob und in welcher Staatsform die verschiedenen jugoslawischen Teilrepubliken zusammenbleiben sollen bzw. zusammenfinden werden oder eben nicht, darf es nicht geben!


Der allfällige Sturz Milosevics´ sollte allein Sache der Serben bzw. der Jugoslawen insgesamt sein.
Denn es würde den Krieg nur unausweichlich verlängern, wollte man die Souveränität Serbiens und die Hilfe für diese Teilrepublik von einer Auswechselung der dortigen Regierungsmannschaft abhängig machen.



Für das, was die deutsche Bundesregierung einen ´Stabilitätspakt´nennt, besteht in meinen Augen zumindest vorderhand keinerlei Bedarf.
Denn es fehlt jede Voraussetzung für dergleichen, wo ein Diktat ergeht und angenommen wird - wie möglicherweise wirklich am Freitag dieser Woche!

Wir brauchen nicht die Vernebelung von Verhältnissen, sondern möglichste Klarheit und Aufrichtigkeit:

Wir haben uns angemaßt der Blutigkeit des bisherigen Weges dieser Völker zuletzt sogar blutig in den Arm zu fallen - und unsere Ankündigung für den vor uns liegenden Wegabschnitt besteht darin, ihnen auch weiterhin für jede Bluttat blutig auf die Finger zu schlagen.

Zwischen Züchtiger und Gezüchtigtem gibt es nichts, was einem Pakt gleichkäme oder auf einen solchen hinauslaufen könnte.



Jugoslawiens Völker haben wie auch immer das Recht auf ihren eigenen Weg. Mag dieser nun auf Europa zu und in es hinein führen oder auch nicht. Mag er von ihnen auf Gemeinsamkeiten hin geebnet oder auf Trennendes hin vorangetrieben werden. Mag er sich als so oder so stabil erweisen oder noch lange voller unruhiger Verwerfungen verlaufen.

Das Recht auch auf einen kriegerischen Weg haben ´wir´ ihnen mittlerweile ggf. mit einem gewissen Erfolg streitig gemacht und sind entschlossen, das auch weiterhin zu tun.

Was darüber in den Menschen dieser Region an Stabilisierendem und Destabilisierendem herangereift ist und noch weiter heranreifen wird und kann, wird sich zeigen. Und wir werden es alle zu tragen haben.



Erzwingen aber läßt sich gerade Stabilität nicht.

Sie hat freilich Bedingungen, die wir nicht vernachlässigen sollten: Souveränität und Solidarität.



Zu mehr haben wir zumal der Position zufolge, die wir mit unserem Diktat einnehmen, und wohl auch sonst kein Recht.

Lassen wir endlich unsere üblichen Übergriffigkeiten und stattdessen Raum, damit die Dinge und die Menschen an ihnen wachsen können!



Der Abbau der derzeitigen Gegnerschaft wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Bis aus ihr Gemeinsamkeit werden kann, ist es noch lang hin.

Sie ausdrücklich zu wünschen, ist in Ordnung.

Sie zur Vorgabe machen zu wollen, über die bereits heute oder morgen zu konferieren und etwas vertraglich zu verabreden wäre, das erscheint mir zutiefst falsch.



Eine, wenn ich es recht verstanden habe, erwogene oder gar vorgesehene Quasi-Protektoratsregierung der EU oder der UNO oder gar einer Militärregierung seitens der alliierten bewaffneten Friedenstruppe über das Kosovo erschiene mir vollständig unzulässig.
Denn über keine Form der Entmündigung dürfte politische Stabilität zu haben sein.

Weder über solche Radikalversionen politischen Eingreifens, ...

... noch über die gemäßigtere Version supra-national verabredeter, bzw. verordneter Verfassungsrichtlinien!!!



Die Kosovaren waren und sind nicht nur Opfer. Und die Serben waren und sind nicht nur Täter.


Sobald es tatsächlich zur Rückbesiedelung des Kosovo kommt, gehören deren Modalitäten einschließlich der Nothilfe ohne Wenn und Aber ausschließlich in die Hände der sich dann so oder so dort zusammenfindenden Kosovaren und Serben:

Sie allein sollten darüber entscheiden, was sie wo brauchen, und mit welcher Art von Hilfe sie sich es wie bauen können und wie sie es sich bauen wollen.

Die Würde von Menschen liegt auch darin, daß man ihnen dergleichen zutraut wie zumutet und sie nicht vermittels gut eingespielter westlicher Hilfsmaschinerien zu weiterer vorläufiger Untätigkeit verdammt.



Die wechselseitigen Untaten, die im Rahmen des hoffentlichen Rücksiedelungsprozesses zwischen Kosovaren und Serben vor allem so oder so zu sanktionieren sind, haben außer im Bereich von Lynchjustiz, ausschließlich ihre Sache zu bleiben.

Und: die Untaten der serbischen Funktionsträger Jugoslawiens, soweit sich nicht nur die Kosovaren, sondern namentlich auch die Serben mit ihnen auseinanderzusetzen haben, gehören solange in die Hand der Serben selbst bzw. der gesamtjugoslawischen Nation (sofern diese zu neuer Lebensfähigkeit findet), wie sich diese Leute nicht ins Ausland absetzen!

Erst und nur dann gehören sie in meinen Augen vor einen internationalen Gerichtshof!



Wo von all dem seit Freitag in den Horizont Gerückten wenig bis nichts gelingen sollte, der Krieg also weitergeht, sollten wir mit den Leiden der vertriebenen Kosovaren endlich ein kräftiges Stück weit anders umgehen als bisher:
Wem die Menschen und ihre Würde wirklich am Herzen liegen, der sollte sich darüber klar werden, daß er zumal in Extremfällen vor seiner unmittelbaren Haustür mehr als eine bloße Hilfspflicht via Lagererrichtung und Sachmittelverteilung hat. Spätestens in einem solchen Falle besteht, denke ich, unbegrenzte Asylpflicht!!!

Die vermutlich sogar materiell teureren Kriegslasten, die ´wir´ diesbezüglich bisher vorrangig gewählt haben, gehen uns freilich nur mittelbar an.

Asyllasten forderten uns da schon ungleich vielschichtiger und vor allem näher!

Hier waren wir in meinen Augen von allem Anfang an gefordert, ohne uns bisher wirklich darauf einzulassen.

Hier werden wir es unausweichlich sein, sollte sich aus dem Friedensprozeß, der nun hoffentlich begonnen hat, doch nicht die von allen ersehnte Rückkehrmöglichkeit der Kosovaren noch vor dem Winter ergeben!





Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!



Mit eindringlichen Grüßen

Gabriele Weis


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