Atheismus - besser als Religion?

Der Humanist: Religion: Atheismus - besser als Religion?
Von Claudia am Dienstag, den 13. November, 2001 - 12:38:

Hallo,
Atheisten sollten sich mal selber an die Nase fassen und fragen welche Verbrechen im Namen des Atheismus schon verübt wurden. Im Namen des Atheismus wurden z. B. der ganze stalinistische Terror verübt. Orthodoxe Priester mußten sich auf öffentlichen Plätzen verhöhnen lassen und wurden dann anschließend in GULAGS gesperrt wo sie dann jämmerlich "verreckten". In Namen des "praktischen Atheismus" treibt die westliche Welt immer mehr in eine Wertelosigkeit. Die Frage nach Gott ist vielen heutzutage gleichgültig. Die alltäglichen Probleme können auch ohne Gott gelöst werden. Man greift zu kapitalistischen Surrogaten wie Konsum, Genußsucht, Freizeitstress und rastloser Arbeit um der Sinnleere zu entgehen. Dabei geht aber die Wertevermittlung völlig drauf. Man nehme nur die hohe Gewaltbereitschaft bei den Jugendlichen oder die Gewalt in der Schule. Das ist eine Art kapitalistischer Atheismus. Der kommunistische Atheismus fragt wenigstens noch nach der Rolle des Menschen in Gesellschaft und Staat während der kapitalistische diese Sinnfragen gar nicht stellt. Er führt also zwangsläufig in dumpfe Oberflächlichkeit. Der strukturelle Atheismus ist auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. Man nehme nur die Mafia in Italien. Paare werden in der Kirche getraut, Kinder getauft, im alltäglichen Leben hat Religion kein Platz und es werden Morde begangen. Das ist eine der schlimmsten Formen des Atheismus. Werft nicht immer gleich alle Religionen in einen Topf und schreibt Ihnen nur Bevormundung und Böses zu. Wie wär's mit etwas Selbstkritik? Ich sage ja nicht, daß im Namen der Religion keine Verbrechen verübt wurden, aber bestimmt nicht mehr als im Namen des Atheismus!!!!!!!!!


Claudia


Von Herbert Ferstl am Dienstag, den 13. November, 2001 - 12:50:

Hallo Claudia,

Ich sage ja nicht, daß im Namen der Religion keine Verbrechen verübt wurden, aber bestimmt nicht mehr als im Namen des Atheismus!!!!!!!!!

Steht dies denn tatsaechlich irgendwo bei uns auf der Page? Kann sein, vielleicht habe ich was uebersehen. Ich bitte um entsprechenden Hinweis!

Besten Dank im voraus...

mfg
Herbert


Von Claudia am Dienstag, den 13. November, 2001 - 12:58:

Hallo Herbert,

es geht mir jetzt nicht hauptsächlich was irgendwo auf der Page steht, sondern wie Atheisten sich hier äußern. Wenn ich die ganzen Äußerungen lese von Atheisten, fühlen sie sich immer unterdrückt und bevormundet. War der Einmarsch der atheistischen Sowjets in Afganhistan nicht auch ein atheistischer sinnloser Krieg????? Aber was für Alternativen bietet eigentlich der Atheismus? Welchen Atheismus findest Du z. b. gut? Den kommunistischen, den praktischen oder den strukturellen Atheismus. Ich finde z. b. keine von dreien besonders gut. Sie haben alle ihre Mängel und können genauso zur Unterdrückung und Bevormundung führen.

Claudia


Von Klaus am Dienstag, den 13. November, 2001 - 17:54:

Hallo Claudia,

Religion und Atheismus haben den moralischen Codex gemein, wobei die Autoren der heiligen Schriften die Moral mit mehr oder weniger erhobenem Zeigefinger proklamieren und die Atheisten die Moral als simple Notwendigkeit der Gesellschaft verstehen. Beide sind a priori moralisch, nur aus verschiedenen Beweggründen.

Stalin und andere Verbrecher haben mit Atheisten nichts zu tun, weil ihnen die Moral als elementare Voraussetzung ihres Handels fehlt.

Sorry, aber deine Ausführungen gehen somit (zum Glück) am Ziel vorbei. Echte Atheisten verabscheuen Gewalt, Gottlose nicht (und viele Religiöse auch nicht).

Klaus


Von Herbert Ferstl am Dienstag, den 13. November, 2001 - 23:29:

Hi Claudia,

Aber was für Alternativen bietet eigentlich der Atheismus?

Spontan faellt mir ein: Freiheit des Geistes. Freiheit des Denkens. Die Freiheit, das Dasein so zu sehen, wie es ist. Natuerlich aber auch Glueck, Zukunft, Harmonie, Rationalitaet. Geistige Unabhaengigkeit. Aber auch die Erkenntnis, die Dinge selbst gestalten zu koennen. Fuer Atheisten ergibt sich aus der irdischen Existenz kein absoluter Lebenssinn - weder objektiv noch subjektiv. Dennoch - oder gerade deshalb ist das denkende Tier Mensch dazu angehalten sich sein ethisches Universum selbst zu erschaffen (in Gemeinschaft mit der Herde in er lebt). Relative Sinngebung impliziert natuerlich, die eigene Existenz und die der Gemeinschaft - das Leben an sich - schuetzen und bewahren zu wollen.

Welchen Atheismus findest Du z. b. gut?

Den, den ich lebe.
Ich benoetige weder einen kategorischen Atheismus noch normative theistische Vorgaben, um ein moeglichst ethisch einwandfreies Leben fuehren zu wollen. Wir, nicht Goetter, sind fuer unser Schicksal verantwortlich. Dementsprechend muessen wir selber unser ethisches Universum erschaffen.

Gruesse
Herbert


Von Claudia am Mittwoch, den 14. November, 2001 - 12:24:

Hallo,

"Religion und Atheismus haben den moralischen Codex gemein, wobei die Autoren der heiligen Schriften die Moral mit mehr oder weniger erhobenem Zeigefinger proklamieren und die Atheisten die Moral als simple Notwendigkeit der Gesellschaft verstehen. Beide sind a priori moralisch, nur aus verschiedenen Beweggründen."

Frage:
Woher nimmt der Atheist seine Ehtik und Moral, wenn nicht von der Religion?? Die Religion ist sozusagen eine Vorstufe des Atheismus. Nur mit dem Unterschied, daß der Atheist die "Projektion Gott" ablehnt, also die Bündelung von positiven Eigenschaften, die ein Mensch hat, wie Güte, Barmherzigkeit, Liebe etc.

Ist Euer Atheismus demnach ein "menschlicher Atheismus"? Ein Atheismus der keiner Ideologie dient, wie z. B. dem Kommunismus?

Woher nehmt Ihr Eure moralischen Grundsätze, sind diese "naturgegeben"?

Claudia


Von Klaus am Mittwoch, den 14. November, 2001 - 19:27:

Hallo Claudia

Woher nimmt der Atheist seine Ethik und Moral, wenn nicht von der Religion??
Das Christentum tut so, als hätte es die Moral erfunden. Die komplette moralische Angebotspalette ist seit Jahrtausenden frei nachzulesen: mit Religion, ohne Religion, gute Moral, schlechte Moral. Und durch ein wenig Überlegen kommt man selbst darauf, dass es nicht gut ist, wenn der eine den anderen erschlägt. Wir können gerne mal über die einzelnen Elemente der universellen persönlichen und gesellschaftlichen Moral diskutieren.

Bündelung von positiven Eigenschaften in Gott
Atheisten als lieblos und engherzig anzusehen, mag wohl von der Vorstellung abgeleitet sein, dass es sich hierbei um vorgeblich göttliche Eigenschaften handelt. Aber ich glaube, das müssen wir nicht ernsthaft diskutieren;-)

Ist Euer Atheismus demnach ein "menschlicher Atheismus“?
Du stellst ziemlich schwere Fragen. Ich versuche eine begriffliche Abgrenzung:
Fragende, sich selbst reflektierende Geister, die auf der Suche sind nach einem Warum, landen früher oder später in den Gedankenkomplexen, die man als theistisch oder philosophisch bezeichnen kann. In dieser Kategorie sind Atheisten und Theisten (nicht notwendig Theologen) anzutreffen. Sofern keine moralisch-organische Schäden vorliegen, sind beide moralische Menschen, die einen als „menschliche Theisten“, die anderen als „menschliche Atheisten“.
Der Rest der Gesellschaft setzt sich aus einfachen Gläubigen und Ungläubigen zusammen. Dort mag auch Moral vorherrschen, doch kein wird im Stande sein zu sagen, wofür sie gut ist.

Woher nehmt Ihr Eure moralischen Grundsätze, sind diese "naturgegeben"?
Die moralischen Grundsätze sind erlesen und erarbeitet. Atheismus ist für einen Atheisten oft unbequem, da er ständig überprüft und ggf. auch korrigiert werden muss. Die Schriften der Atheisten sind denen des Alten und Neuen Testaments recht ähnlich: Dutzende von über viele Jahrhunderte verstreuten Verfassern hinterließen teils inhaltlich und semantisch problematische Texte.

Viele Grüße

Klaus


Von Herbert Ferstl am Donnerstag, den 15. November, 2001 - 14:48:

Hi Claudia,

Woher nimmt der Atheist seine Ehtik und Moral wenn nicht von der Religion?? Die Religion ist sozusagen eine Vorstufe des Atheismus.

Der "Kasus Knacksus" ist, dass die Identitaet einer (staatlichen) Gemeinschaft entsteht, wie die eines Individuums, durch Unterscheidung. In dieser Unterscheidung liegt die Kernfrage der Ethik.
Ist sie Zusammenleben und gemeinsame Suche, oder ist sie statt dessen Negation des anderen?

Religionen sind geistige Kruecken, mit denen man sicher ganz gut durchs Leben maschieren kann - aber eben nicht zwingend.
Ethik und Moral sind keine Erfindungen der Religionen. Seit jeher haben Menschen versucht, durch regelnde Massnahmen das gemeinsachftliche Zusammenleben untereinander zu ordnen - mit und ohne Goetter.

mfg
Herbert


Von Klaus am Donnerstag, den 15. November, 2001 - 16:23:

Hallo Herbert,

ich habe deinen ersten Absatz nicht verstanden. Hast du das etwas genauer?

Viele Grüße

Klaus


Von Herbert Ferstl am Freitag, den 16. November, 2001 - 21:00:

Hallo Klaus,

ich dachte eigentlich, dass ich mich genau ausgedrueckt haette. Was konkret ist Dir unklar?

Gruesse Herbert


Von ein Gottloser am Sonntag, den 18. November, 2001 - 19:48:

Sekunde mal, diejenigen die diese Orthodoxen Priester verhöhnten und wegsperrten hatten die Narben der Kosakenpeitschen auf den gerümmten Rücken, bittere Armut, Kanibalismus und den Terror von dem Zaaren Nikolai (dem Blutigen) der schonmal mit dem Segen der Kirche Tausende Zivilisten auf den Strassen zusammenschiessen lies, hinter sich. Men kann das am besten mit der Rache der afghanischen Zivilbevölkerung an den Taliban vergleichen. Ich find es schon unsachlich das hier Kommunismus genauso mit Atheismus gleichgesetzt wird wie man früher Kommunismus mit Judentum gleichsetzte. Das eine ist eine Weltanschauung, das andere eine politische Ide und das letztere eine Religion, anscheinend fällt es manchen schwer dies auseinanderzuhalten. Nicht zu vergessen das die Priester von Lenin entmachtet und von Stalin erst wieder eingesetzt wurden, von daher ist das stalinistische Märtyrertum der Blutbefleckten Zaarendiener mit Kreuz völliger Unsinn.


Von ein Gottloser am Sonntag, den 18. November, 2001 - 20:10:

Herbert, das mit der Moral stimmt aber echt nicht. Atheismus ist nach dem Griechichen Wort Atheos eine Weltanschauung und kein Regelwerk. Auch aus Monotheismus kann man nicht unbedingt Moral ableiten. Ausserdem nenne ich mein Richtig-Falsch Empfinden lieber ethisches Gerechtigkeitsbewusstsein da Moral immer etwas mit Sklavenmoral und Unterwürfigkeit zu tun hat. Ich glaube auch nicht das Stalin etwas wegen dem Atheismus gemacht hat genau so wenig wie Radowan Karacic irgendetwas wegen dem orthodoxen Priestertum gemacht hat. Stalin war Volkskomisar in Georgien und konnte sich zum Führer der Sowjetunion erheben weil er ein skupelloser Machtmensch war. Der zweite Weltkrieg, Stalins Verfolgungswahn und seine Ignoranz und Rohheit taten ihr Übriges.

Claudia, Den sowjetischen Krieg in Afghanistan halte ich aber für vollkommen gerechtfertigt da er schliesslich die Region Zentralasien 10 Jahre lang stabilisierte und vorm explodieren bewahrte, auf eine Bitte der Afghanischen Regierung zurückging und es den Afghanen nie so gut ging wie zu dieser Zeit. Vorher war das doch eine blutige Feudalherrschaft der Grosgrundbesitzer und religiösen Fundamentalisten an denen dann auch der anfghanische König scheiterte. Das destabilisierende Element waren die Amerikaner die dann auch Mörderbanden wie Bin Ladens Terrortrupps dort erst aufbauten und ausbildeten. Das Morden und Foltern ging erst dann los als die Mullahs und die schwarzen Turbane der Taliban nach dem Abzug der roten Armee die Macht übernommen hatten.


Von Herbert Ferstl am Sonntag, den 18. November, 2001 - 21:33:

Hallo Gottloser,

Atheismus ist nach dem Griechichen Wort Atheos eine Weltanschauung und kein Regelwerk.

So stellte ich das auch gar nicht dar. Ich schrieb:
Seit jeher haben Menschen versucht, durch regelnde Massnahmen das gemeinschaftliche Zusammenleben untereinander zu ordnen.

Dies bezog ich darauf, wie mannigfaltig ethische Kriterien der Menschen untereinander festgelegt werden.
Atheismus ist weder ein Regelwerk, noch eine Ideologie. Vielmehr ist er eine weltanschaulich-philosophische Aussage, welche die Moeglichkeit einer rationalen Begruendung fuer jede Art von Gottes- oder Goetterglaube verneint. Der Atheismus ist ein philosophischer Begriff - aehnlich wie Existenzialismus, Nihilismus, Positivismus - mit einer Aussage zu bestimmten Formen von religioeser Weltdeutungen (eben den theistischen Religionen).

Auch aus Monotheismus kann man nicht unbedingt Moral ableiten.

Das ist richtig. Allen bis heute erdachten theistischen Religionen, den polytheistischen ebenso wenig wie den monotheistischen, ist es bisher nicht gelungen, auch nur einen einzigen logisch schluessigen Nachweis fuer die Notwendigkeit der Begriffe "Goetter" oder "Gott" zu erbringen. Alle so genannten "Gottesbeweise" sind klaeglich gescheiterte Konstruktionen. Alle auf theistischen Weltanschauungen beruhenden Gedankengebaeude zeichnen sich durch Irrationalismen und unaufloesliche Widersprueche aus. Ebenso wenig bedarf es zur Begruendung humanitaeren ethisch-sittlichen Handelns theistischer Denksysteme.

Ausserdem nenne ich mein Richtig-Falsch Empfinden lieber ethisches Gerechtigkeitsbewusstsein...

Au Backe! Selbst Hitler fand sein eigenes Handeln nicht falsch.

...da Moral immer etwas mit Sklavenmoral und Unterwürfigkeit zu tun hat.

Ethik und Moral sind zwei paar Stiefel. Egal wie man sie bevorzugt tituliert.

Ich glaube auch nicht das Stalin etwas wegen dem Atheismus gemacht hat...

Richtig. Der Umstand, dass politische Schwerverbrecher, die durch Verfolgung und Vernichtung der religioesen Konkurrenz die Alleinherrschaft ihrer totalitaeren Partei und deren Ideologie zu sichern suchten, sich als Atheisten bezeichneten, diskreditiert den Atheismus ebenso wenig wie der katholische Glaube eines Mafiabosses den Katholizismus diskreditiert.


Von Klaus am Montag, den 19. November, 2001 - 15:16:

Hallo Herbert,

schauen wir mal, ob ich dich verstanden habe:

...die Identität einer (staatlichen) Gemeinschaft entsteht wie die eines Individuums: durch Unterscheidung.
Ein Attribut des Mittelalters und neuzeitlicher, totalitärer Systeme ist das Fehlen von Individueller Merkmale der Bevölkerung; das Individuum war dem Staatsziel stets untergeordnet, war austauschbar. Unserer Demokratie fehlt aufgrund ihrer demokratischen Struktur ein eigentliches Staatsziel, und die Individualrechte (des Staatsvolks !) haben seine Stelle eingenommen. Wir unterscheiden also die Individuen. Ist es das, was du meintest?

Viele Grüße

Klaus


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