Religiösität und Intelligenz

Der Humanist: Religion: Religiösität und Intelligenz
Von
Klaus am Freitag, den 28. September, 2001 - 17:02:

Hallo,

als Atheist glaube ich, über Logik zum Atheismus gekommen zu sein, durch Nachdenken. Ich überprüfe meinen Atheismus auch ständig durch Nachdenken.

Andererseits gibt es sicherlich Kleriker und Gläubige, die mir an Intelligenz und Bildung überlegen sind.

Da hierin ein Widerspruch liegt, muss mir ein Denkfehler unterlaufen sein. Wo liegt der?

Viele Grüße
Klaus


Von Heike am Freitag, den 28. September, 2001 - 18:33:

Dir ist kein Denkfehler unterlaufen. Andere mögen eben mehr Intelligenz haben, aber sie sind eben gläubig, und das ist der Knackpunkt. Durch die Kindheit früh im Glauben geprägt, verlassen sie die intellektuelle Redlichkeit, sobald es auf das Thema Gott zu sprechen kommt.

Prof. Franz Buggle hat dies übrigens in seinem Buch "Denn sie wissen nicht, was sie glauben" schön aufgezeigt. Er kritisiert dort u.a. seine Hochschulkollegen und zeigt deren Argumentationsschwächen anhand einiger Beispiele auf.


Von Klaus am Freitag, den 28. September, 2001 - 18:48:

Hallo Heike,

das Prägen der Kindheit, von dem Du sprichst, äußert sich in biochemischen Verbindungen im Hirn, die mit jedem Repetieren fester werden. Also ist ein Glaube eine eine Art synaptischer Trampelpfad. Einverstanden. Aber wie kann diese Fehlschaltung bestand haben vor dem analytischen Verstand, den wir ja unterstellen wollten?

Jeder zweifelnde Gedanke müsste diesen Trampelpfad schwächen. Je älter der angenommene Vernunftbegabte wird, desto schwächer wird sein Glaube, oder nicht?


Von Heike am Freitag, den 28. September, 2001 - 21:06:

Nicht, wenn dieser Trampelpfad immer wieder durch neues Getrampel vertieft wird ;-)


Von Klaus am Samstag, den 29. September, 2001 - 09:23:

Hmmm ...

Nun lacht mich aus, aber auf die Frage "Mit wem möchtest Du im Fahrstuhl stecken bleiben?" würde ich mit "Karl Lehmann!" antworten. Der Bursche ist hoch intelligent, gebildet und - gläubig. Ich kenne eine Menge Leute, die wenig Verstand (oder intellektuelle Redlichkeit) haben und gläubig sind. Aber die Klasse "Lehmann" widersetzt sich jeder näheren Betrachtung.

Glaubt er den kirchlichen Blödsinn? Wohl kaum. Ist er Atheist oder gar Pantheist? Oder setzt er Gott gleich mit der Spinozaschen Substanz?

Friedrich Nietzsche: "Der letzte Christ starb am Kreuz."
Will Durant: "Nietzsche hat Spinoza vergessen."

Intellekt und Glaube bekomme ich nicht zusammen.


Von Heike am Samstag, den 29. September, 2001 - 16:08:

Also, Umfragen unter den Geistlichen und Theologen zufolge befinden sich dort recht viele Ungläubige.

Aber in diesen Kreisen ist es nicht anders als unter dem Großteil der Bevölkerung: Nur noch eine Minderheit glaubt wirklich, was im Glaubensbekenntnis steht, nur eine Minderheit glaubt an ein Leben nach dem Tod, und doch machen viele das Theater weiter mit. Man spielt sich gegenseitig etwas vor.

Ich selbst wurde zur Atheistin, nachdem ich die theologische Examensarbeit eines Freundes abtippte - und las. Es ging um biblische Quellenkritik.

Zu dem Thema passt ein Zitat des französischen Revolutionsdichter Chamfort: "Der Pfarrer muss ein bisschen Glauben bewahren ... der Vikar darf bei einer abfälligen Bemerkung über die Religion lächeln; der Bischof lacht laut auf; und der Kardinal macht selbst noch einen Witz darüber."


Von rico am Samstag, den 29. September, 2001 - 22:56:

"Intelligenz schützt vor Dummheit nicht."

Kann mir jemand etwas über Spinoza erzählen


Von Klaus am Montag, den 1. Oktober, 2001 - 16:55:

Ich versuch's mal aus dem Gedächtnis:

Baruch (de E)Spinoza, frühes 17. Jhd, etwa 40 Jahre alt geworden, nicht korrumpierbar

Die Juden wurden (mal wieder, diesmal aus Portugal) vertrieben und die Familie Spinoza landete in Holland. Baruch trieb seine Talumd-Studien ziemlich intensiv und entwickelte so seine eigenen Thesen, die nicht nur dem Talmud, sondern auch der Bibel zuwider liefen. Der Vorstand der Synagoge sah sich gezwungen, Baruch zu aus dem jüdischen Glaubensverband zu verbannen, weil befürchtet wurde, Baruch hätte auch die christlichen Gastgeber beleidigt. Damit war auch jedem anderen Juden der Umgang mit ihm strengstens untersagt, eine ziemlich üble Sache für jemanden, der nur wissbegierig und intelligent war.

Er hat vor Allem politische Schriften verfasst und das Wechselspiel von Staat und Bürger in recht liberalem Sinne definiert: nur soviel Staat wie nötig, Bürger eigenverantwortlich, aber Staat ist wehrhaft.

Seine theologischen (oder besser metphysischen) Schriften wirkten auf mich pantheistisch. Es gibt ein Basismuster, das er Substanz nannte. Körper und Gedanken wiederum nannte er Modi, und dazwischen wirken Attribute. Im Übrigen meinte er, die Bibel sei für die Hörer (und Leser) geringer Bildung geschrieben und präsentiere den (pantheistischen) Gott in einer bildhaften, für einfache Geister verständlichen Sprache. Dass hierbei aus dem Pantheos eine Gott und ein Natür entstehen, sei vetretbar.

Ich nehme an, dass gegen diese Zusammenfassung viel einzuwenden ist, aber so habe ich ihn in Erinnerung.


Von Vermaten am Montag, den 28. Januar, 2002 - 15:55:

Lebensgestaltug, Ethik und Religionskunde

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Lebensgestaltug, Ethik und Religionskunde

Meine nachfolgenden Gedanken wurden von mir, bereits am 23.7.01 und später an weitere Redaktionen - bezogen auf einen Artikel zum umstrittenen Schulfach LER – verschickt:

LER, das umstrittene brandenburgische Schulfach, könnte bundesweit positive, fördernde Folgewirkungen nicht nur für unsere jungen Menschen zukunftsweisend mitgestalten.

Zur umfassenden, werteprägenden Vermittlung einer intensiveren mitmenschlichen Lebensgestaltung, sowie der darin eingebundenen moralischen Ethik, könnte hier, durch die ursprünglichen Religionskundewerte, ein neuer, gesamtgesellschaftlich verbindender Weg fundamentiert werden.

Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde würde uns vielleicht eine zukunftsweisende, gesamtsozial-solidarische Möglichkeit bieten die gesellschaftlichen Krisen, welche uns durch die technisierte und wirtschaftspolitisch aufgedrängte Globalisierung in immer stärker empfundene, unhumane Erfahrungswerte pressen, sozial-gerechter, psychisch weniger belastend, zu meistern.

Da unsere technisierte Welt auch über die verschiedenen Konfessionen hinaus immer mehr zusammenrückt und alle religiösen Ursprünge ein gemeinsames Weitergehen wissenschaftlich
lernend vermitteln ( könnten ), wäre das (noch) umstrittene Schulfach LER bereits eine demokratische, sich von hierarchieschen Strukturen lösende Erweiterung der geistigen, somit immer mehr erfragbaren, ursprünglichen Mensch-Sein-Werdung.
Durch kommunikativ erforschte, alle Religionen-umfassenden Sinnbedürfnisse, könnten wir besonders den jüngeren Generationen eine ethisch-humanere Zukunft ohne Grenzen sozial-innovativ weisend stärken. Technische Entwicklungen und erfahrbare geistige Zusammenhänge verändern immer wieder auf`s Neue weltweit die Leben-gestaltenden Traditionen der Menschen.

Konfessionelle Bindungen sind nicht nur in Brandenburg durch niedrige Mitgliederzahlen geschwächt.
Durch LER könnten, im christlichen Sinne, - über Religionen-verbindende - Möglichkeiten einer intensiv erfahrbaren ökumenischen Arbeit schneller realisiert werden. Hier sollten sich die etablierten christlichen Kirchenträgerschaften im jesuanischen Sinne solidarisch dafür öffnen ( können ).

Vielleicht erweist sich das neue Schulfach gar als ein erneuernder, im christlichen Sinne erstellter Baustein eines besseren, religiös erfahrbar werdenden Gesamthumanismus.
Welche säkularen Beweggründe verschliessen sich einer geistigen Entwicklung für sozialere Lebensaspekte? Warum soll ein mittelalterlich-wirkender Hemmschuh dieses gesuchte
Weitergehen erschweren?!
Da alles, erfahrbar alles, einer ständigen Veränderung unterliegt, wird es auch in der profanen Sprache der Religionsauslegungen ein dsbzgl. Weitergehen geben ( müssen ).
Ob spätere Generationen über unsere zeitlichen Wertevermittlungs-Auseinandersetzungen lachen werden ( können )?
Vielleicht. Vielleicht wundern sich die nachfolgenden Geister aber auch über das schnelle Tempo der technischen Globalisierung, welches durch mittelalterliches Gehabe die prägnanten Bewusstwerdungen humaner Wertigkeiten so vernachlässigt(e).

Mit der bleibenden Hoffnung, dass, die über 1000e von Jahren tiefwurzelnden Propheterien,
prägnante Bewusstwerdungen verbindender und erfahrungsbezogener gelebt werden ( können ),
grüsse ich herzlichst.

Hiltrud Vermaten ( mehr unter www.vermaten.de oder info@vermaten.de ).

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Ein aktueller Buchhinweis,
der über Publik-Forum u. a. in der neuesten Ausgabe 2002 vorgestellt wird:

Der Bonhoeffer-Verein stellt mit
"Abschied von der Kirchensteuer" ein Plädoyer für ein demokratisches Zukunftsmodell.
"In einer Situation, in der der Kirchenglaube immer weniger akzeptiert wird, sollte die Kirche nicht mehr als staatsähnliche Behörde auftreten." heisst es in der Zeitschrift kritischer Christen
( www.publik-forum.de ).


PS: Wer hat den Bericht: „Wir predigen den Gott des Hasses!“ in der Rheinischen Post im Frühsommer 2001 gelesen, evtl. ausgeschnitten und für mich kopiert zustellbar?


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