Woher kommt das Böse im Menschen ?

Der Humanist: Religion: Woher kommt das Böse im Menschen ?
Von David am Freitag, den 28. März, 2003 - 15:28:

Woher kommt das Böse im Menschen ?
Hat jeder von uns einen Mephisto in sich, der ihn vom rechten Weg abbringen will ?
Gibt es überhaupt soetwas wie Schuld, oder ist sie nur ein Mythos ?

PS: An dieser Stelle möchte ich noch darauf hinweisen, dass es in diesem Forum kein Themengebiet für Philosophie gibt, nur für Religion. Das solltet ihr unbedingt ändern.


Von Herbert Ferstl am Freitag, den 28. März, 2003 - 20:06:

DAS BOESE ist weder vorhanden noch nachweisbar. DAS BOESE ist eine urmenschliche Erfindung, das insbesondere im religioesen Gebrauch Anwendung gefunden hat. An DAS BOESE kann - ebenso wie an einen fiktiven Gott - nur geGLAUBT werden.

Dagegen gibt es Menschen, die man in GUT und SCHLECHT klassifizieren kann, weil sie nicht der Norm/Durchschnitt der Mehrheit entsprechen.
Warum Menschen so werden, wie sie sind, ist eine interessante Thematik und ich denke, dass hier Genetik und fruehkindliche Erfahrungen eine entscheidende Rolle spielen.

Thema Schuld: Natuerlich kann man sich eines Vergehens schuldig machen. SCHULDIG SEIN im metaphysischen Sinne ist nicht moeglich, da hierzu der GLAUBE daran vorausgesetzt werden muss.


Von Divus am Samstag, den 29. März, 2003 - 00:21:

Hallo,

gibt es „das Böse“ und „das Gute“ überhaupt ?
Zuerst einmal müßte das Böse definiert werden. Wenn ich jemanden schwer verletze, dann kann man das als Böse bezeichnen. Wenn aber jemand nach einem Erdbeben die gleiche Verletzung hat, wird dies´ nicht als Böse bezeichnet. Es sei denn, das Erdbeben wurde von einer Person (Gott / Wettergott usw.) verursacht. Mir scheint, daß sich der Begriff des Bösen weniger um das Opfer als vielmehr um den Täter dreht. Vermutlich konnte man sich das Leid vor jahrtausenden und auch noch heute nur so vorstellen: Eben von einem Täter verursacht – und zwar mit Absicht, was Geisteskranke erst einmal ausschließt.

Ich selbst vermag Gut und Böse in der Realität kaum zu unterscheiden. Wenn es wirklich nur Gut und Böse (schwarz und weiß) gäbe, wäre alles viel einfacher zu erklären. Das Böse werte ich eher als einen Programmfehler, der selten bewusst auftritt (Böses wollen) und meistens unbewusst. Marie von Ebner-Eschenbach hat diesen Programmfehler trefflich formuliert :

„Es gäbe wenig Böses auf Erden, wenn das Böse niemals im Namen des Guten getan werden könnte.“

Gruß Divus


Von David am Dienstag, den 1. April, 2003 - 22:26:

Natürlich habe auch ich kein dualistisches Denken. Nichts liegt mir ferner, als die Welt in Gut und Böse zu unterteilen oder Irgendjemanden zu klassifizieren.
Aber es stimmt nicht, dass an das Böse nur geglaubt werden kann. Wenn es jemand Spass macht, jemand anders leiden zu sehen, dann ist das für mich Böse und das hat mit Glauben nichts zu tun. Als Böse bezeichne ich den Drang zur Zerstörung, zur Zerstörung anderer und auch sich selbst. Ich frage mich nur, wie es kommt, dass es so wahnsinnig viele Menschen gibt, denen es Spass macht anderen Menschen Leid zuzufügen und/oder sich an deren Leid zu erfreuen.

"Ich selbst vermag Gut und Böse in der Realität kaum zu unterscheiden."

Geht mir oft genauso.

"Wenn es wirklich nur Gut und Böse (schwarz und weiß) gäbe, wäre alles viel einfacher zu erklären."

Genau. Und da Menschen einfache Erklärungen wollen, unterteilen sie oft einfach in Gut und Böse.

"Das Böse werte ich eher als einen Programmfehler, der selten bewusst auftritt (Böses wollen) und meistens unbewusst."

Es stimmt, dass das Böse sehr oft unbewusst auftritt, jedoch kann ich mit der Erklärung durch einen Programmfehler nicht viel anfangen.

"Zuerst einmal müßte das Böse definiert werden. Wenn ich jemanden schwer verletze, dann kann man das als Böse bezeichnen. Wenn aber jemand nach einem Erdbeben die gleiche Verletzung hat, wird dies´ nicht als Böse bezeichnet. Es sei denn, das Erdbeben wurde von einer Person (Gott / Wettergott usw.) verursacht. Mir scheint, daß sich der Begriff des Bösen weniger um das Opfer als vielmehr um den Täter dreht."

Es ist immer ein riesiger Unterschied, ob z.B. 10 Schüler von einem anderen, amoklaufenden, Schüler erschossen werden, oder ob durch eine Überschwemmung 10 Menschen getötet werden.
Dieser Unterschied ist für mich völlig nachvollziehbar. Der Unterschied ist nämlich die Grausamkeit und das Böse, das dahinter steckt, wenn ein Mensch einen anderen tötet.
Es macht auch für ein Opfer einen riesigen Unterschied, ob ihm z.B. eine Vase auf den Kopf fliegt, oder ob jemand ihm die Vase auf den Kopf schlägt. Das Eine ist ein Unfall, das Andere ist ein gewaltätiger Akt.

MFG


Von David am Dienstag, den 1. April, 2003 - 22:39:

"DAS BOESE ist eine urmenschliche Erfindung"

Eben, "das Böse" ist menschlich. Ein Tier kann eigentlich nichts Böses tun, weil ihm die Selbstwahrnehmung fehlt. Man kann sogar sagen, dass wenn jemand sich dessen nicht bewusst ist, dass er etwas Böses tut, eigentlich gar nichts Böses tut.( tut, tut, tut :) )
Jedoch ist diese Aussage wiederum ziemlich kritisch, da somit z.B. ein psychopathischer Massenmörder, der seine Morde für richtig hällt, gar nichts Böses tun würde.
Das Ganze ist doch ziemlich komplex. Eigentlich müsste man in diese Diskussion auch noch die Frage mit einbringen, ob der Mensch überhaupt einen freien Willen hat, denn hat er keinen, so kann er sich auch nicht schuldig machen.


Von Sokrates am Samstag, den 5. April, 2003 - 22:36:

Schuld?

Zwiedeutige Sprache. Sprache ist assoziativ-unspezifisch aufgebaut und nicht zur Übermittlung komplexer Sachverhalte geeignet. Aber sei´s drum.

Wer einen mit dem Auto überfährt, hat Schuld. -> ursächlicher Sinn.

Im metaphorischen Sinne schuldig ist, wer gegen vorhandene Regeln verstößt.

Wer hat die aufgestellt?

*********************************************
************ Denk-Kästchen **************
*********************************************

Aus der harmlosen Zeit:

Der Bauer will nicht erfrieren (natürlich nicht der von heute) und begeht Holzfrevel: Holz sammeln im fürstlichen Wald. Ergebnis: Strick um den Hals.

Ist er schuldig? Ja.

Holzfrevel ist Holzfrevel.

*************************************************
******* Heute ist das viel komplexer **********
*************************************************

Wer den Fürsten erschlägt, ist auch schuldig. Nicht schuldig im metaphorischen, sondern im ursächlichen Sinne.

*************************************************
**** Die Erschlagung des Fürsten heutzutage ****
**** ist nicht mehr möglich, weil er nicht ****
**** bekannt ist (=anonym). Zweitens würde ****
**** (= der Frevel) nichts ergeben, weil ****
**** hinter dem 20 andere stehen. ****
*************************************************

Hypothetisches Ergebnis der Erschlagung aller Fürsten: der Holzfrevler ist ab sofort nicht mehr schuldig, weil das Delikt abgeschafft wurde. Statt dessen beklaut er dann seinen Nachbarn.

Hat der Mensch einen freien Willen?

Fragt sich nicht, was ein freier Wille ist.

Fragt sich, welcher Mensch.

Zum freien Willen gehören einige Voraussetzungen:

1.) Gesundheit

2.) mindestens 2 Mio. Euro

3.) Zugehörigkeit zu einer anerkannten Gesellschaftsschicht in einem Land, das gerade nicht von den Amis niedergewalzt wird.

4.) Hirn

5.) Die dauerhafte Inbetriebnahme des Gehirns

6.) Geistige Resistenz gegen Trends, Presse, professorale und sonstige Dummschwätzer, sogenannte Freunde und Ratgeber, Steuer- und Anlageberater, nachbarschaftlichen und sonstigen Rat, mit denen allen man sich besser was abwischt. Kurz: geistige Autarkie.

7.) Kulturelles Niveau, die Kenntnis der Historie, die Kenntnis der Wesensart des Menschen.

8.) Praktische Lebenserfahrung unter günstigen Umständen.

9.) Der Umstand, innerhalb der persönlichen Verhältnisse (Ehe, Familie, Erbonkel) sowie der erweiterten Verhältnisse (Arbeitgeber, Arbeitskollegen, politische Lage, konjunkturelle Lage) noch einigermaßen unabhängig handeln zu können.

10.) Der Umstand, nicht falsch geboren zu sein noch vor der Pleite zu stehen.

11.) Fazit:

Es ist ein multifaktorielles und genetisch-soziologisch determiniertes Phänomen. Diese Hürden können viele Leute schon nicht nehmen. Mein Problem ist nur die eine mit den 2 Mio. Euro.

Einen schönen Abend noch!


Von Kurt am Sonntag, den 6. April, 2003 - 00:29:

Hallo David,

"Woher kommt das Böse im Menschen ?
Hat jeder von uns einen Mephisto in sich, der ihn vom rechten Weg abbringen will ?
Gibt es überhaupt soetwas wie Schuld, oder ist sie nur ein Mythos ?"

Das sind interessante Fragen, die aber mit Sicherheit nicht mit ein paar Sätzen erschöpfend zu beantworten sind (zumindest nicht von mir).

Ich denke, wenn man an die Beantwortung dieser Frage herangehen möchte, muß man sich erst einmal darüber klar werden, was unter dem Begriff "Böse" zu verstehen ist u. wodurch dieser definiert wird. M.E. kann man, so wie es Herbert schon angerissen hat, zwei Arten von "Böse" (od. Schuld) unterscheiden:

a) Das "Böse" im Sinne eines gesellschaftlichen Wertekonsens
b) Das "Böse" im Sinne von Sünde eines religiösen Wertesystems

zu a)

So wie Herbert es schon ausführte, ist darunter die negative Abweichung von einer Gesellschaftsnorm zu verstehen. Diese Norm kann sowohl schriftlich (Gesetze bei Kulturvölkern) als auch mündlich fixiert sein, sie können einem Wandel unterliegen, entsprechend der Entwicklung einer Gesellschaft (siehe Gesetze zu Ehebruch, Homosexualität usw.). Ein derartiges Wertesystem kann man durchaus "natürlich" nennen, da es einer evolutionären Entwicklung unterliegt und sowohl zum rituellen Verspeisen exo-sozialer Artgenossen (Kanibalismus) als auch zur kopulativen Konfliktlösung (Bonobos) in einer Gruppe führen kann. Solche natürlichen Wertesysteme sind bei allen sozial lebenden Säugetieren zu beobachten (ich kenn zumindest keine Ausnahme) u. sie zeigen eine fast ausnahmslose Übereinstimmung: Die Tötungshemmung von gruppeninternen (!) Artgenossen. Aber auch andere Werte, welche gesellschaftsrelevante Eigenschaften haben (Täuschungsverbot, Eigentumsrechte etc.) zeigen sich in den Grundzügen in allen menschlichen Gesellschaften, die Wertigkeit kann jedoch stark variieren.

zu b)

Religiöse Wertesysteme enthalten meißt auch "natürliche" Werte, genau genommen verdienen sie dieses Attribut aber nicht mehr, da sie der evolutionären Anpassung entzogen wurden od. aber zumindest weit den gesellschaftlichen Entwicklungen hinterher hinken. Interessant wird es, wenn man sich die Frage stellt, wodurch dieses "Einfrieren" von Werten erforderlich wurde. Man könnte nun vermuten, daß die Menschen irgendwann "böser" wurden, dies ist aber nur ein Teil der Antwort. Tatsächlich haben sich aber in der Menschheitsentwicklung die gesellschaftlichen Voraussetzungen durch den Wandel der Wirtschaftsform geändert. Mit der Erfindung der Vorratswirtschaft durch die Entwicklung von Ackerbau u. Viehzucht änderten sich die Besitzverhältnisse eklatant u. in der Folge fand eine Spezialisierung stattfand (Bauern, Händler, Handwerker, Beschützer) , was zu einer rechte- u. besitzdiffernten Gesellschaft führte. Aber gerade der Schutz des Eigentums durch die Werteordnung der vormals nomadisierenden Jägern u. Sammlern war nicht stark ausgeprägt, da diese nicht viel E. hatten. Zudem war die Definition von Eigentums-Werten bei den JuS durchaus variabel. Dieser, für eine seßhafte Gesellschaft mit ausgeprägten Hierarchie- u. Besitzstrukturen "destabilisierende" Zustand wurde durch eine "Aufwertung" u. Einfrierung des Wertes "Eigentum" durch die Besitzenden erreicht. Da ein solcher "Anpassungsentzug" gesellschaftspolitisch nicht ohne weiteres dauerhaft zu bewerkstelligen gewesen wäre, mußte sich, mehr od. weniger zwangsweise, ein mystischer Superwert (Götter) herausbilden, welcher selbst nicht hinterfragbar war, um so diese Immunisierung der Werte zu ermöglichen, womit wiederum die Grundlage einer weiteren Machtkaste, die Priesterschaft (zuvor nur Heiler u. Weise), gegeben war u. teilweise sogar zu Theokratien führte. Nicht die Menschen wurden "böser", sondern die Wertigkeiten haben sich "widernatürlich" verschoben.


Wie aus a) zu ersehen ist, kann "das Böse" durch einen gesellschaftlichen Konsens definiert werden (z.B. in Demokratien), sie sind also genau genommen keine "absoluten" Werte. Besondere Bedeutung kommt dabei der Einschränkung der Tötungshemmung zu. Das Tötungsverbot, welches sich nur auf die EIGENE GRUPPE bezieht, ist also auch variabel durch die aktuelle Gruppenabgrenzung. Diese Abgrenzung ist das schwächste Glied u. sie kann, wie wir aus der Geschichte unschwer erkennen können, beliebig sein. Diese Abgrenzungen können sowohl natürlichen Ursprungs sein (Sippe, Stamm u. Volk) als auch einen künstlichen Hintergrund haben (Ideologie u. Religion), wobei sich letztere als besonders wirksam u. dauerhaft erwiesen, da sie durch einen metaphysischen Überbau nicht mehr in Frage gestellt werden konnten.

@ Sokrates

"Es ist ein multifaktorielles und genetisch-soziologisch determiniertes Phänomen. Diese Hürden können viele Leute schon nicht nehmen. Mein Problem ist nur die eine mit den 2 Mio. Euro."

Kleiner Tip von mir: Fang mit der 2-ten Million an, denn die erste ist am schwersten ;)

Viele Grüße
Kurt


Von Herbert Ferstl am Sonntag, den 6. April, 2003 - 09:33:

@ Sokrates,

koestlich zu lesen. Gute Satire/Zynismus...
:-)))


Von Rene am Montag, den 14. Februar, 2005 - 10:21:

Das "Böse" ist nicht mehr als die Abwesenheit von Bildung und menschlicher Reife. Genauso wie "Kälte" nichts eigenständiges ist, sondern die Abwesenheit von Wärme beschreibt. Rene.


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